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Die Hirtin und der HexenjägerOverlay E-Book Reader

Die Hirtin und der Hexenjäger

Eine mutige junge Frau in einer Welt voller Verrat und Aberglaube | Ursula Neeb

E-Book (EPUB)
2019 Ullstein
Auflage: 1. Auflage
368 Seiten
ISBN: 978-3-8437-1820-2

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Kurztext / Annotation
Eine mutige junge Frau in einer Welt voller Verrat und Aberglaube Grafschaft Hanau-Münzenberg, 1524: Das Glück der Hirtin Gertrud Dey, die sich in den fahrenden Händler Franz Schott verliebt hat, scheint perfekt. Zusammen mit Franz treibt sie die Schafe durch die Wetterau zu abgelegenen Höfen, wo sie die Gebrechen der armen Landbevölkerung heilt. Dem ortsansässigen Henker, ebenfalls heilkundig, ist Gertrud ein Dorn im Auge. Er streut das Gerücht, sie sei mit dem Teufel im Bunde. Als mehrere Kinder sterben, angeblich, weil Gertrud ihre Milch verhext hat, muss die Schäferin um ihr Leben bangen. Und auch ihre Liebe zu Franz wird auf eine harte Probe gestellt ...

Ursula Neeb hat Geschichte studiert. Aus der eigentlich geplanten Doktorarbeit entstand später ihr erster Roman Die Siechenmagd. Sie arbeitete beim Deutschen Filmmuseum und bei der FAZ. Heute lebt sie als Autorin mit ihren beiden Hunden in Seelenberg im Taunus.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Prolog
Wegwarte

Cichorium intybus - alte Heil- und Liebespflanze, die gegen Schwermut hilft; die getrockneten Blüten, in einem Säckchen unterm Kopfkissen aufbewahrt, bescheren angeblich Liebesglück. Seit dem 17. Jahrhundert wird aus den pulverisierten Wurzeln der Wegwarte ein Kaffeeersatz gewonnen.

Gertruds Herz überschlug sich vor Freude und Aufregung, als sie am Erntedankfest des Jahres 1514 hinter ihrem Lehrmeister, dem Schäfer Gernot Becker aus Wöllstadt, in die altehrwürdige Gildestube der Wetterauer Rinder-, Schaf- und Schweinehirten trat, wo sie ein Dutzend Viehhirten mit wettergegerbten Gesichtern bereits erwartete. Alle Augen richteten sich sogleich auf sie, und in ihren Blicken lag eine Skepsis, die beredter war als alle Worte: Eine Frau als Viehhirtin ist ein Unding!

Die Wangen der Siebzehnjährigen glühten vor Erregung, und ihre Knie waren weich wie Wachs. Doch die junge Frau wich den Blicken der Hirten nicht aus, ihr Lächeln war freundlich, ohne keck oder anmaßend zu sein, sie neigte vor den Gildebrüdern respektvoll das Haupt und sprach den uralten Hirtengruß: »Niemandem treu oder hold!«

»Niemandem treu oder hold!«, erwiderten die rauen Gesellen im Chor, und ihre düsteren Mienen hellten sich ein wenig auf. Ihre Gesichter verrieten, dass sie von der natürlichen Anmut der Aspirantin durchaus angetan waren. Das ungebändigte kastanienbraune Haar fiel ihr offen über die Schultern. Gertruds Augen hatten die Farbe der grünen Wiesen, ihre sonnengebräunte Haut war gesprenkelt von Sommersprossen, sie war von hohem Wuchs und hatte Hände, die zupacken konnten.

Der alte Gildemeister stellte sie den Hirten als Gertrud Möbs aus dem benachbarten Ilbenstadt vor.

»Gertrud ist die älteste Tochter von Konrad Möbs und seiner Frau Klara, armen Kleinbauern ohne Grundbesitz, die sich zusammen mit ihren acht Kindern von früh bis spät abrackern müssen, um nicht zu verhungern. Deswegen ist Gertrud von klein auf harte Stall- und Feldarbeit gewohnt gewesen.« Gernot Becker wies auf die muskulösen Oberarme der jungen Frau. »Die sind von der schweren Landarbeit gestählt, und Gertrud kann schaffen wie ein Mannsbild. Sie zeigte sich den ganzen Sommer über, in dem sie mich begleitet hat, als tüchtige Gehilfin bei der Schafschur, beim Schlachten und beim Eintreiben der Tiere.« Der Gildemeister musterte die wilden Gesellen, die ihm missmutig zuhörten, herausfordernd. »Außerdem ist Gertrud wehrhaft und tapfer. Sie kennt keine Furcht vor der Dunkelheit und hat ein Naturell, das die Einsamkeit des Hirtenberufs gut ertragen kann. Daher verbürge ich mich für die Jungfer und möchte sie euch anempfehlen, auf dass sie in unseren Kreis der Wetterauer Vieh- und Schafhirten Aufnahme finden möge.« Ein verhaltenes Grummeln war seitens der Hirten zu vernehmen.

»In den Hirtenbruderschaften im ganzen Land wird man sich darüber lustig machen, dass wir eine Frau in der Innung haben«, mokierte sich ein baumlanger Rinderhirt aus Heldenbergen und erntete dafür von seinen Gildebrüdern rege Zustimmung.

»Frauen sind für die Hausarbeit und zum Kinderkriegen da und nicht für den harten und gefährlichen Hirtenberuf!«, raunzte ein Schäfer aus Muschenheim mit einem langen roten Vollbart aufgebracht.

»Erst recht, wenn sie so hübsch und proper sind«, johlte ein anderer Gildebruder anzüglich. »Manch ein Kerl könnte nämlich auf dumme Gedanken kommen, wenn so ein ansehnliches Weibsbild nachts allein auf der Weide kampiert.« Von allen Seiten erklang grölendes Gelächter. Die Wangen der jungen Frau wurden noch eine Spur röter. Doch wie sich rasch herausstellte, handelte es sich dabei keineswegs um Schamesröte.

»Das soll sich mal einer wagen!«, stieß Gertrud hervor, als sich der Lärm etwas gelegt hatte, und ihre grünen Augen sprühten Funken. »Dem ramm ich mein Messer in den Wanst oder hetz meinen Hund auf ihn!« Ihre entschlossene Miene und der Tonfall