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Das Volk der BäumeOverlay E-Book Reader

Das Volk der Bäume

Hanya Yanagihara

E-Book (EPUB)
2019 Hanser Berlin
480 Seiten
ISBN: 978-3-446-26307-9

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Kurztext / Annotation
Der junge Arzt Norton Perina kehrt mit einer unfassbaren Entdeckung von der Insel Ivu'ivu zurück: Hat er wirklich ein Mittel gegen die Sterblichkeit gefunden? Eine uralte Schildkrötenart soll die Formel des ewigen Lebens bergen. So kometenhaft er damit zur Spitze der Wissenschaft aufsteigt, so rasant vollzieht sich die Kolonisierung und Zerstörung der Insel. Mit gnadenloser Verführungskraft zieht Hanya Yanagihara uns hinein in den Forscherrausch im Urwald und lässt uns auch dann nicht entkommen, als Perina dort eine weitere Entdeckung macht: seine fatale Liebe zu Kindern. Wie betrachten wir eine Lebensleistung, wenn sich das Genie als Monster entpuppt? Ein brillant geschriebener, gefährlicher Dschungel von einem Roman.

Hanya Yanagihara, 1974 geboren, ist eine US-amerikanische Schriftstellerin und Journalistin. Mit ihrem Roman 'Ein wenig Leben' gewann sie den Kirkus Award und stand auf der Shortlist des Man Booker Prize, des National Book Award und des Baileys Prize. 'Ein wenig Leben' ist eines der bestverkauften und meistdiskutierten literarischen Werke der vergangenen Jahre. Eine TV-Serie, produziert von Scott Rudin (The Social Network, No Country for Old Men, Frances Ha, Grand Budapest Hotel), ist in Vorbereitung. Yanagihara ist Chefredakteurin des 'T Magazine' der 'New York Times'.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

 

 

VORWORT

 

Ich bin Ronald Kubodera - aber nur in wissenschaftlichen Publikationen. Für alle anderen bin ich Ron. Ja, ich bin der Dr. Ronald Kubodera, von dem Sie sicherlich in den Zeitschriften und Zeitungen gelesen haben. Nein, nicht all die Geschichten sind wahr - das sind sie ja in den seltensten Fällen.

Aber in meinem Fall sind es die wichtigsten schon, und ich bin stolz darauf. So bin ich beispielsweise stolz, überhaupt eine Beziehung zu Norton zu haben (und bis vor anderthalb Jahren hätte ich das nicht einmal eigens betonen müssen), den ich kenne, seit ich 1970 in seinem Labor an den National Institutes of Health in Bethesda, Maryland, zu arbeiten begann. Den Nobelpreis hatte Norton damals noch nicht erhalten, doch mit seiner Arbeit hatte er bereits das Medizinwesen revolutioniert und den wissenschaftlichen Blick auf die Fachgebiete Virologie und Immunologie, aber auch, das muss hinzugefügt werden, auf die medizinische Anthropologie für immer verändert. Stolz bin ich auch darauf, dass aus unserer anfänglichen Arbeitsbeziehung eine ebenso intensive freundschaftliche Beziehung erwuchs; tatsächlich ist meine Verbindung zu Norton die bedeutsamste in meinem Leben. Vor allem aber bin ich stolz darauf, dass ich nach den Ereignissen der vergangenen zwei Jahre noch immer sein Freund bin und er noch der meine ist.

Natürlich habe ich nicht die Möglichkeit, so häufig mit Norton zu sprechen, wie ich - und das gilt sicherlich auch für ihn - es gern täte. Es ist ein sonderbares, einsames Gefühl, ihn nicht in meiner Nähe zu haben. Tatsächlich möchte ich behaupten, dass wir bis zu meinem Umzug vor sechzehn Monaten1 - einen Monat nach Nortons Verurteilung - während unserer normalen täglichen Abläufe nie mehr als zwei Tage voneinander getrennt waren. Vielleicht sogar weniger. (Besondere Umstände wie die gelegentlichen Urlaube mit meiner damaligen Frau oder Reisen zu Begräbnissen, Hochzeiten usw. natürlich ausgenommen. Doch selbst während dieser Anlässe versuchte ich, täglich mit ihm zu kommunizieren, entweder telefonisch oder per Fax.) Worauf ich hinauswill: Die gemeinsamen Gespräche mit Norton, die Zusammenarbeit mit Norton, das Zusammensein mit Norton waren schlicht Teil meines täglichen Lebens, so wie manche Leute täglich fernsehen oder täglich die Zeitung lesen - eines dieser leicht zu vergessenden, aber darum längst nicht unbedeutenden Rituale, welche uns die Gewissheit geben, dass das Leben plangemäß fortschreitet. Wird ein solcher Rhythmus allerdings unterbrochen, ist man nicht nur verunsichert, man ist ankerlos. So habe ich mich während der letzten etwa anderthalb Jahre gefühlt. Ich wache morgens auf und gehe meinem Tagwerk nach wie immer, aber abends schiebe ich das Zubettgehen hinaus, streife durch die Wohnung, starre in die Nacht hinaus und frage mich, was ich vergessen habe. Ich hake die Dutzenden kleinen Aufgaben ab, die ich an einem normalen Tag gedankenlos verrichte - Briefe geöffnet und beantwortet? Abgabetermine eingehalten? Türen abgeschlossen? -, bis ich schließlich widerstrebend ins Bett steige. Erst an der Schwelle zum Schlaf wird mir wieder bewusst, dass mein Leben seine ganze Form geändert hat, und dann durchlebe ich einen kurzen Augenblick der Melancholie. Man sollte meinen, inzwischen hätte ich gelernt, mich mit Nortons - und damit auch meinen eigenen - veränderten Lebensumständen abzufinden, doch etwas in mir wehrt sich dagegen; schließlich war er drei Jahrzehnte lang Teil meines Tagesablaufs.

Aber wenn mein Leben schon einsam ist, dann ist Nortons noch weit einsamer. Stelle ich ihn mir an diesem Ort vor, bin ich einfach nur wütend: Norton ist kein junger Mann mehr und auch nicht ganz gesund, und ihn einzusperren ist in meinen Augen weder eine geeignete noch eine angemessene Strafe.

Mir ist bewusst, dass ich mit dieser Ansicht in der Minderheit bin. Ich weiß nicht, wie oft ich versucht habe, No