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Der letzte ZarOverlay E-Book Reader

Der letzte Zar

Der Untergang des Hauses Romanow | György Dalos

E-Book (EPUB)
2017 Verlag C.h.beck
Auflage: 1. Auflage
232 Seiten
ISBN: 978-3-406-71368-2

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1;Cover;1
2;Titel;3
3;Zum Buch;232
4;Über den Autor;232
5;Impressum;4
6;Widmung;5
7;Inhalt;7
8;Kapitel 1: Einleitung;9
9;Kapitel 2: Chodynka - eine gescheiterte Reifeprüfung;19
10;Kapitel 3: Krieg mit Japan;39
11;Kapitel 4: Allein mit der Revolution;61
12;Kapitel 5: Dynastie oder Familie - eine griechische Tragödie;81
13;Kapitel 6: Eine gefährliche Freundschaft im Vorfeld des Krieges;97
14;Kapitel 7: Zarenalltag mit Schlüsselfigur;111
15;Kapitel 8: Der Zar in der Julikrise;135
16;Kapitel 9: Der ratlose Kriegsherr;149
17;Kapitel 10: Der Sturz;169
18;Kapitel 11: Die Tragödie des Bürgers Romanow;185
19;Anhang;209
19.1;Anmerkungen;211
19.2;Literatur;223
19.3;Bildnachweis;224
19.4;Personenregister;225

Kurztext / Annotation
In der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 1918 wurde Zar Nikolaus II. mit seiner Frau und der gesamten Familie von einem Kommando der Tscheka in Jekaterinenburg ermordet. Der Alptraum aller Monarchien, der sich in Aufständen, Verschwörungen und Attentaten schon angedeutet hatte, war Wirklichkeit geworden. In dieser historisch fundierten, lebendigen Darstellung wird deutlich, wie das beständige politische Versagen der Romanow-Dynastie den revolutionären Prozess befeuert hat, den der letzte Zar nicht mehr aufhalten konnte. György Dalos einer der international profiliertesten Publizisten auf dem Feld osteuropäischer Geschichte entwirft ein scharf konturiertes Bild der Zaren im 19. Jahrhundert, ohne die Ursachen für die Nöte der Arbeiter und Bauern zu vernachlässigen. Als Nikolaus II. 1894 den Thron besteigt, erweist er sich als unfähig, der vielfältigen Probleme in seinem riesigen Reich Herr zu werden. Katastrophen, Krieg und persönliches Leid, die der Autor eindrücklich schildert, verunsichern den schwachen Herrscher zutiefst, an dessen Hof schließlich der Wanderprediger Rasputin immer größeren Einfluss gewinnt. Als Nikolaus zu Reformen ansetzt, ist es zu spät. Der erfolglos geführte Erste Weltkrieg drängt den Zaren immer weiter in die Defensive, bis er und das Haus Romanow im reißenden Strom der bolschewistischen Revolution untergehen.

György Dalos ist freier Autor und Historiker. 1995 wurde er mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet. 2010 erhielt er den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

KAPITEL 1

Einleitung

Die Dynastie Romanow, wichtige Protagonisten ihrer mehr als dreihundert Jahre währenden Herrschaft, einzelne Zarinnen und Zaren sowie schließlich das Ende ihrer Ära sind in schier endlos vielen Büchern beschrieben worden - von klassischen historischen Arbeiten bis hin zu primitiven Kolportagen. Seit der Erfindung der Filmkunst kamen zahlreiche Stumm- und Tonfilme hinzu, deren Spektrum ebenfalls von höchstem Niveau bis hin zu kitschigen Schinken reichte. Insbesondere das Schicksal der letzten Vertreter des Hauses, vor allem von Zar Nikolaj II. und seiner Frau, der hessisch-darmstädtischen Großherzogin Alexandra, beschäftigt bis heute die literarische, künstlerische und handwerkliche Phantasie von Autorinnen und Autoren. Dabei ging es nicht allein um die bestialische Ermordung der engeren Familie mitsamt den Teilen der Dienerschaft, die ihnen die Treue gehalten hatten. Letztendlich wurden von den 65 Mitgliedern des Herrscherhauses 18 von den bolschewistischen Machthabern umgebracht und 46 ins Exil gezwungen. Wir kennen nur einen Großfürsten, dem es möglich war, dem Gefängnis zu entkommen und das Land zu verlassen: Dank eines lebensrettenden Briefs von Maxim Gorkij an Lenin kam Gavriil Konstantinowitsch frei, wobei er bis zu seiner Ausreise nach Finnland sogar die Gastfreundschaft des weltberühmten Schriftstellers genießen durfte.

Das, was mit dem Zarenpaar und seinen Kindern in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1918 in Jekaterinburg geschah, lässt bis heute dem russischen historischen Gedächtnis keine Ruhe. Auf der einen Seite suchte die sowjetische Publizistik, um die Untat zu rechtfertigen, ein diabolisches Bild von «Nikolaj dem Blutigen», der Quelle allen Übels, zu zeichnen und dabei wichtige Nebenumstände des Massakers zu verschweigen bzw. zu tabuisieren.[1] Auf der anderen Seite dominierte in der Exilliteratur die Tendenz, das tragische Ende der Familie Romanow rückwirkend als Nachweis ihrer beinahe heiligen Tugenden herauszustellen. Eher westlich orientierte Autoren waren bemüht, eine ausgewogene Analyse der Laufbahn von Russlands letztem Herrscher «aus Gottes Gnaden» zu leisten. Was ihre Arbeit erschwerte, war die mangelhafte Quellenlage. Obwohl die dicken Bände des von dem weißen Admiral Koltschak nach Jekaterinburgs Eroberung ernannten Untersuchungsrichter Sokolow sowie die Erinnerungen von Zeitzeugen manche Lücke füllten, konnten aufgrund der Einseitigkeit etlicher Aussagen viele kardinale Fragen nicht beantwortet werden, darunter etwa solche nach den Entscheidungsmechanismen der bolschewistischen Zentrale. Diese wurden auch nach 1991, dem Jahr der Öffnung sowjetischer Archive, nicht hinreichend aufgeklärt.

Die in Putins Russland mit starker kirchlicher Deckung betriebene Kanonisierung des ermordeten Zaren als «Märtyrer» stößt nicht nur auf meine Skepsis als Agnostiker, sondern lässt in mir auch andere dunkle Zweifel aufkommen. Zunächst einmal ist es aus meiner Sicht nicht zulässig, das Ehepaar Romanow, praktizierende Antisemiten, die ihre geistige Nahrung sogar noch in Jekaterinburg in den «Protokollen der Weisen von Zion» suchten und fanden, in einer Reihe mit dem Juden Jesus Christus zu nennen. Zweitens: Was heißt in diesem Falle «Märtyrer»? Märtyrer zu sein bedeutet für mich etwas Überzeugenderes, als die eigene Herrschaft «aus Gottes Gnaden» zu vertreten, eine Herrschaft, an deren Untergang das Zarenpaar zudem nicht ganz unschuldig war. Wenn schon unbedingt Märtyrer genannt werden sollen, dann müssen die politisch Unschuldigen wie Hofdamen, Köche, Leibärzte und andere aufgezählt werden, die freiwillig das Los ihrer Herrschaften geteilt haben. Auch die Hauslehrer Gilliard oder Gibbs, der Küchenjunge Ljonja Lednew oder die Hofdame Wyrubowa wären Märtyrer ihrer eigenen Treue geworden, wenn die Täter sie aus verschiedenen Gründen nicht daran gehindert hätten. Unschuldige Opfer waren die fü