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Geschichten eines alten Österreichers

Erinnerungen | Alfons Clary-Aldringen

E-Book (EPUB)
2024 Amalthea Signum Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
320 Seiten
ISBN: 978-3-903441-31-6

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Kurztext / Annotation
Erinnerungen an eine Welt von Gestern Alfons Clary-Aldringen entstammt einer jahrhundertealten böhmischen Adelsfamilie: Seine Vorfahren sind Zeitgenossen von Wallenstein und Napoleon, bekleiden hohe Ämter am habsburgischen Hof, sind Trauzeuge von Maximilian von Mexiko oder Hofdame bei Kaiserin Elisabeth. Alfons selbst wird 1912 von Franz Joseph I. zum k. u. k. Kämmerer ernannt, leistet im Ersten Weltkrieg Dienst als Offizier und übernimmt schließlich den Familiensitz Schloss Teplitz, von wo seine Familie 1945 als Angehörige der deutschsprachigen Minderheit vertrieben wird. Seinen Lebensabend verbringt er in Venedig - Verwandte und Freunde hat er in ganz Europa. Atmosphärisch dicht, mit feinem Humor und voll kluger Beobachtungen lassen diese unvergesslichen Memoiren die untergegangene Welt der Donaumonarchie wiederauferstehen und präsentieren ein lebendiges Stück Geschichte für künftige Generationen. Mit einem Vorwort von Golo Mann und zahlreichen Abbildungen aus dem Familienarchiv Clary-Aldringen

Alfons Clary-Aldringen (1887-1978), Offizier und k. u. k. Kämmerer, durchlief die großen Umbrüche des 20. Jahrhunderts. Zeitlebens ein treuer Untertan der Habsburger, musste er das Ende der Donaumonarchie, zwei Weltkriege sowie 1945 die Vertreibung aus seiner böhmischen Heimat miterleben. Seine Memoiren sind nichts weniger als das berührende Zeugnis eines weltgewandten Europäers im Geiste.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Teplitz

Jetzt, da ich im Alter kein Vaterland und keine Heimat mehr habe, ja eigentlich keinem Volk mehr so recht zugehöre, bin ich das geworden, wozu ich wohl von Anfang an angelegt gewesen war, ein Europäer, und fühle mich in den meisten Ländern unseres Kontinents zu Hause, so wie früher in allen Teilen der alten k. u. k. Monarchie - diesem Vorläufer eines gesamteuropäischen Gemeinwesens, wenn ein solches je entstehen sollte. Als Diplomatenkind nahm ich immer etwas von den Ländern auf, in denen mein Vater auf Posten war, am meisten wohl von England - unsere »Miss« hatte da durch ihre Erziehungskünste brav vorgearbeitet. Sehr hing ich an Wien, der Kaiserstadt, und später, seit meiner Studienzeit, auch an Prag; am allermeisten aber doch an Teplitz, wo meine Familie seit dem Dreißigjährigen Krieg beheimatet war. Wir liebten das Schloss, die Landschaft, die Wälder, das Erzgebirge, auch die Luft trotz des leichten Kohlendunstes. Nicht lange vor ihrem Tod, im Jahre 1954, war meine ältere Schwester, Elisalex de Baillet Latour, bei uns in Venedig; es war Sommer und sie saß am offenen Fenster, ein leichter Wind blies von den Fabriken in Mestre herüber, da sagte sie: »Wie köstlich, es riecht ja wie in Teplitz!«

Kein Wunder, dass wir von der Stadt so viel erfahren wollten, wie nur möglich war. Sicher gab es in Böhmen viele größere und schönere, auch in schönerer Lage befindliche Schlösser, aber irgendwie hatte Teplitz einen besonderen Charme, den auch unsere Gäste aus nahen und fernen Ländern spürten. Wir haben uns gefragt, worin dieser Zauber bestand. Man sagt manchmal, dass Gutes und Böses in einem Haus weiterleben; mag sein, dass dies zutrifft, in Teplitz hatten zehn Generationen meiner Familie gelebt, und ich glaube, dass sie glücklich waren; keine Gewaltmenschen, sondern gute und fröhliche Leute, eifrige Jäger, auch den Künsten, der Musik zugetan. Dann war da noch etwas anderes: Die heißen, heilenden Quellen hatten immer schon Fremde angezogen, die mit ihren Eigenheiten, Talenten und Kenntnissen auf die Einwohner wirkten, sodass Teplitz auch in kultureller Hinsicht ein Anziehungspunkt wurde.

Man weiß, dass vor zweitausend Jahren die Ebene zwischen dem Erzgebirge und dem Böhmischen Mittelgebirge von Kelten bewohnt war. Das Gebiet lag außerhalb des Limes, doch bestanden rege Handelsbeziehungen zwischen Kelten und Römern. Bei Arbeiten in den Teplitzer Thermen wurden 1879 römische Münzen aus der frühen Kaiserzeit gefunden, wohl eine Opfergabe für die Quellnymphe. In unserem Besitz befanden sich auch zwei römische Bronzegefäße, die unter Mauerresten entdeckt worden waren, eine kleine Kanne und eine größere Kasserolle mit langem Griff, auf dem die Namen des Herstellers sowie des Händlers eingraviert waren. Mommsen hat über die beiden Gegenstände geschrieben, die wohl zu Kultzwecken dienten, denn genau die gleichen zwei Gefäße wurden auch in Mecklenburg nebeneinander gefunden. Während der Völkerwanderung wurden die Kelten von den Markomannen verdrängt, denen Slawen folgten; darauf deutet der Name Teplitz hin (tepl = heiß). Um das Jahr 1000 begannen die ersten deutschen Städtegründungen in unserem Gebiet. Als Folge der Heiraten böhmischer Herzoge und Könige mit deutschen Fürstentöchtern verbreitete sich auch deutsche Kultur im Lande. Judith, die Tochter des Landesgrafen Ludwig III. von Thüringen, war mit Wladislaw, dem ersten König von Böhmen, vermählt. Um 1156 gründete sie in Teplitz ein Benediktinerinnenkloster, das in der Gründungsurkunde »ad aquas calidas« genannt wird und dem heiligen Johannes dem Täufer geweiht war. Als Witwe lebte Judith ebendort, und sie ist auch dort begraben.

Das Kloster war sehr reich, auch an Grundbesitz. Mit den Hussitenkriegen brach eine böse Zeit über Teplitz herein. Nach der Schlacht von Aussig im Jahre 1426, in der das Heer Kaiser Sigmunds von den Hussiten besiegt wurd