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Happy Family

Warum die Sucht nach Aufmerksamkeit Familien unter Druck setzt und wie wir uns davon befreien können | Bianca Kellner-Zotz

E-Book (EPUB)
2022 Goldmann
368 Seiten
ISBN: 978-3-641-28199-1

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Kurztext / Annotation
Paare feiern Motto-Hochzeiten, Schwangere fordern WLAN im Kreißsaal, Eltern verschicken Save-the-date-Karten zum ersten Schultag ihrer Kinder und schon Zweijährige bekommen zum Geburtstag aufwändige Einhorn-Kuchen samt Themen-Party. Das Spektakel ist zum Normalfall geworden. Wir inszenieren unser Familienleben auf Facebook, Instagram und WhatsApp und tun so, als sei dieser anstrengende Alltag leicht wie eine Seifenblase. Oft sind Mütter das Zentrum dieses meist gut gemeinten, sozialen Überbietungswettbewerbes - bis die Blase platzt. Denn dieses »Aufmerksamkeitsregime« setzt Familien unter Druck und lenkt vom Wesentlichen ab: dem entspannten und ziellosen Zusammen-Sein, das die Familie zum letzten Rückzugsort in dieser hektischen Welt macht. Dr. Bianca Kellner-Zotz zeigt, wie wir dem Stress entkommen und uns das Familienleben zurückerobern.

Dr. Bianca Kellner-Zotz ist Kommunikationswissenschaftlerin, Autorin, Journalistin, Hochschuldozentin und Mutter von zwei Kindern. In ihrer Dissertation hat sie sich wissenschaftlich mit dem Thema »Das Aufmerksamkeitsregime - wenn Liebe Zuschauer braucht« auseinandergesetzt, das sie nun einem breiten Publikum, allen voran Eltern, zugänglich machen möchte.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Familie braucht keine Zuschauer? Von wegen!

Die Idee einer zunehmenden Medialisierung der Gesellschaft geht auf einen relativ einfachen Gedanken zurück: Wir alle sind mit Massenmedien aufgewachsen. Wir haben gelernt, wie sie »ticken«. Und wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Medien etwas können, das hilfreich sein kann: Sie stellen Öffentlichkeit her, sie generieren Aufmerksamkeit. Wer etwas verkaufen will, wer etwas bekannt machen will, wer Unterstützung haben will, braucht mediale Aufmerksamkeit, um Breitenwirkung zu erzielen. Sonst weiß keiner, dass es ein neues iPhone gibt, dass am Dienstag der Gemeinderat tagt oder dass Freiwillige für ein Benefizkonzert gesucht werden.

Die Medien haben ganz eigene Regeln, die darüber entscheiden, ob etwas berichtenswert ist oder nicht15. Diese Regeln, diese Logik, haben wir verinnerlicht. Wir wissen (oder zumindest erahnen wir), dass es einzigartige, exklusive, originelle, dramatische Ereignisse öfter in die Medien schaffen. Dass es hilft, wenn ein Promi vorkommt oder alles schön bebildert ist. Wenn wir also selbst Aufmerksamkeit erzielen wollen, orientieren wir uns an dieser Logik, wir passen uns an die Bedingungen der Mediengesellschaft an. Das kann völlig unbewusst geschehen, denn die Medienlogik hat sich zum Betriebsmodus einer auf Sichtbarkeit fixierten Gesellschaft entwickelt.

Wirtschaft und Politik unterhalten hochprofessionelle Presseabteilungen, deren Aufgabe es ist, auf die Vermittlungsleistung der Massenmedien zuzugreifen und - das versteht sich - die öffentliche Meinung auf diese Weise zu beeinflussen. Problematisch ist, dass dabei das Kräfteverhältnis immer ungleicher wird. Auf einen Journalisten kommen mittlerweile sechs PR-Profis16; während die Redaktionen weiter schrumpfen, rüstet die Öffentlichkeitsarbeit auf. Sie wissen, dass die Chance auf Berichterstattung ihrer Themen umso größer ist, desto mehr sie sich an die Mediengesetze halten.

Beispiel Wirtschaft: Ein Bestattungsunternehmen schafft es in der Regel nicht in die Zeitung, das Geschäft mit dem Tod ist wenig attraktiv. Es sei denn, man passt sich an die Medienlogik an und macht etwas Spektakuläres. Ein Bestatter aus Hamm ließ deshalb Plakate mit dem Appell »Probeliegen. Denn es betrifft jeden« kleben. Die Werbung zeigte Wirkung: Die Süddeutsche Zeitung (und nicht nur die) brachte die Geschichte.17 Beispiel Politik: Hessens FDP-Vorsitzender Jörg-Uwe Hahn lädt Zeitungen und Fernsehstationen ein, die ihm zum Auftakt des Wahlkampfs beim Plakatieren zusehen sollen. Beispiel Wissenschaft: »Universitäten umwerben gezielt mediengewandte Wissenschaftler, denn nichts steigert den Bekanntheitsgrad mehr als häufige Präsenz in der Öffentlichkeit«. (An dieser Stelle sei erwähnt, dass der Virologe Christian Drosten für seinen NDR-Podcast zu Corona den Grimme-Preis bekommen hat.) Beispiel Bildung: Lehrer beklagen sich einhellig darüber, dass Schulleiter immer mehr Veranstaltungen anregen, damit ihre Schule regelmäßig in der Presse erwähnt wird. Positiv natürlich.

In komplexen, ausdifferenzierten Gesellschaften bemühen sich andere Funktionssysteme also um mediale Aufmerksamkeit, während die Massenmedien selbst am »Aufmerksamkeitstropf« hängen. Ohne Leser, Zuschauer, User, Follower fällt ihr Erlösmodell in sich zusammen. Als Koppelprodukt richten sich Zeitungen, Fernsehsender und soziale Netzwerke gleichermaßen an Rezipienten und werbetreibende Wirtschaft. Letztere interessiert sich in erster Linie für Kontakte. Je mehr potenzielle Kunden sie über ein Medium erreichen können, desto mehr sind Unternehmen bereit, für Anzeigen zu bezahlen.

Dazu kommt: Mit der Ausdifferenzierung des Mediensystems in den vergangenen 40 Jahren - Einführung des Privatrundfunks, Siegeszug des Internets, Etablierung sozialer Ne