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Wenn es Frühling wird in Wien

Roman | Petra Hartlieb

E-Book (EPUB)
2018 Dumont Buchverlag Gruppe
Auflage: 1. Auflage
180 Seiten
ISBN: 978-3-8321-8997-6

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Kurztext / Annotation
Wien, 1912. Nach einer Kindheit in Armut hat Marie Haidinger es geschafft. Seit wenigen Monaten ist sie Kindermädchen in der Sternwartestraße 71 - dem Haushalt des berühmten Schriftstellers Arthur Schnitzler im gediegenen Cottage-Viertel. Als sie für ihren Dienstherrn in der nahe gelegenen Buchhandlung auf der Währinger Straße ein Buch abholt, lernt sie eine völlig neue Welt kennen: Die Welt der Bücher. Und Oskar, den ebenso charmanten wie mittellosen Buchhändler, der ihr schon bald Avancen macht. Aber meint Oskar es auch ernst mit ihr? Wie brüchig das Glück sein kann, wird Marie klar, als Sophie, das Dienstmädchen der Schnitzlers, nach einer Abtreibung fast stirbt. Und als sie zufällig mithört, dass der Hausherr Oskar spätabends im feinen »Sacher« gesehen hat - in Begleitung einer überaus hübschen jungen Dame ... Vor dem Hintergrund der Werke Arthur Schnitzlers und genau recherchierter historischer Ereignisse lässt Petra Hartlieb das Wien des großen Dichters wiederauferstehen - vom Dienstbotentrakt bis in die glamourösen Salons der freigeistigen Intellektuellen der Zeit.

PETRA HARTLIEB wurde 1967 in München geboren und ist in Oberösterreich aufgewachsen. Sie studierte Psychologie und Geschichte und arbeitete danach als Pressereferentin und Literaturkritikerin in Wien und Hamburg. 2004 übernahm sie eine Wiener Traditionsbuchhandlung im Stadtteil Währing, heute »Hartliebs Bücher«. Davon erzählt ihr 2014 bei DuMont erschienenes Buch >Meine wundervolle Buchhandlung<. In >Wenn es Frühling wird in Wien<, >Sommer in Wien< und >Herbst in Wien< spielt ebendiese Buchhandl

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

 

DIE SCHUHE WAREN mindestens eine Nummer zu klein. Marie musste ganz vorsichtig gehen, damit sie nicht stolperte. Vor allem der Teppich bereitete ihr Schwierigkeiten und sie konnte gar nicht anders, als sich an Oskars Arm festzuhalten. Das Mieder war viel zu eng, sie war so ein Ding gar nicht gewöhnt. Die Köchin hatte sie reingeschnürt und dreimal nachgefragt, ob sie sicher sei, sich das antun zu wollen. »Ja, zieh fest zu, ich will wie eine feine Dame ausschauen.«

Hoffentlich wurde ihr nicht schwindlig, schließlich konnte sie die Schnüre alleine nicht lockern.

Oskar schritt über die große, mit rotem Teppich ausgelegte Treppe, als wäre das alles völlig normal für ihn. Das riesige Stiegenhaus, die vielen Gemälde, die Marmorstufen, all das schien ihn nicht wirklich zu beeindrucken.

Nachdem ein Herr in einer schwarzen Livree ihre Karten abgerissen hatte, führte Oskar sie in den Zuschauerraum des k. k. Hofburgtheaters. Er schien zu spüren, wie der Raum auf Marie wirkte, knapp hinter dem Einlass blieb er stehen und beobachtete sie, wie sie sich mit offenem Mund und großen Augen umblickte. Die mit rotem Samt bezogenen Sessel, die üppig verzierten Logen, die vielen Lichter überall und der riesige Kristallluster in der Mitte des Saals. So einen Prunk hatte sie, das Mädchen vom Land, noch nie gesehen.

»Verzeihen Sie, Sie können hier nicht stehen.«

»Pardon, darf ich bitte durch?«

»Gestatten?«

Die beiden wurden von den anderen Gästen ins Innere des Raumes geschubst und Marie hielt die abgerissenen Karten fest in der Hand. Oskar hatte darauf bestanden, dass sie sie an der Tür vorzeigte, obwohl Marie ihm den Umschlag bereits in der Tramway in die Hand hatte drücken wollen.

»Das sind deine Karten. Du hast sie geschenkt bekommen und du nimmst mich freundlicherweise mit. Also behältst du die Karten auch.«

Seitdem hielt Marie die beiden kleinen Papierstreifen fest in der Hand. Nur als sie kontrolliert und abgerissen wurden, ließ sie sie kurz los.

»Wo sind unsere Plätze?« Oskar hielt ihre Hand immer noch fest.

»Ich weiß es nicht.« Marie sprach ganz leise.

»Du musst auf die Karten schauen, da steht's.«

Mein Gott, wie dumm sie sich vorkam. Ein dummes, kleines Kindermädchen vom Land, das Dame spielen wollte. Und ins Theater ging. Wahrscheinlich hatten die feinen Leut' sie alle längst bemerkt und tratschten über sie. Rasch las sie vor: »Fünfte Reihe, Platz sechs und sieben.«

»So teure Plätze hatte ich noch nie!« Oskar zog sie begeistert weiter und sie suchten die fünfte Reihe.

Marie war froh, als sie sich setzen konnte, die Schuhe drückten unangenehm und durch das enge Mieder war sie doch ein wenig kurzatmig.

»Und?« Oskar strahlte sie an, als würde das alles ihm gehören und er es ihr stolz präsentieren.

»Es ist ... es ist ... überwältigend.«

»Ja, das stimmt. Ich kann mich so gut daran erinnern, wie ich das erste Mal hier war.«

»Wann war das?«

»Ich weiß es genau. Ich war siebzehn. Herr Stock hat mir die Karte zum Geburtstag geschenkt, allerdings Stehplatz. Nicht so nobel wie dein erster Theaterbesuch.«

»Tja, ich kann's mir ja leisten«, lachte Marie, die sich inzwischen ein wenig entspannt hatte. Die Theaterkarten, die der Herr Doktor ihr zu Weihnachten geschenkt hatte, kosteten fast so viel, wie sie in einem Monat in seinem Haushalt als Kindermädchen verdiente.

»Ja, du bist eine feine Dame und ich nur ein einfacher Buchhändler, da hab ich richtig Glück, dass du mich mitnimmst.«

Inzwischen hatten alle ihre Plätze eingenommen, nur hier und da huschten noch ein paar Menschen durch die Gänge, ein Klingeln ertönte und Oskar drückte ihre Hand und flüsterte: »Pst. Es geht los.«

Marie war wie gebannt. Sie sog die Bilder in sich auf, versuchte jede Szene zu verstehen und gleichzeitig dachte sie immer wieder an ihren Dienstherrn, aus



Petra Hartlieb, geb. 1967 in München, ist in Oberösterreich aufgewachsen. Sie studierte in Wien Psychologie und Geschichte und arbeitete danach als Pressefrau und Literaturkritikerin in Wien und Hamburg. Seit 2004 betreibt sie mit ihrem Mann eine Buchhandlung in Wien.