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Das Wunder von MalsOverlay E-Book Reader

Das Wunder von Mals

Wie ein Dorf der Agrarindustrie die Stirn bietet | Alexander Schiebel

E-Book (EPUB)
2017 Oekom Verlag
256 Seiten
ISBN: 978-3-96006-226-4

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Kurztext / Annotation
Pestizide! Überall auf der Welt sind sie auf dem Vormarsch. Überall? Nein! Ein von unbeugsamen Vinschgern bewohntes Dorf in Südtirol hört nicht auf, diesem Eindringling Widerstand zu leisten. Umgeben von industriellem Apfelanbau will Mals zur ersten pestizidfreien Kommune Europas werden. In einer Volksabstimmung entscheiden sich 76 Prozent der Bewohner gegen Glyphosat & Co. und für biologische Landwirtschaft und Naturschutz. Eine 5000-Seelen-Gemeinde, angeführt von einem Dutzend charismatischer Querdenker, fordert damit eine übermächtige Allianz aus Bauernbund, Landesregierung und Agrarindustrie zum Kampf heraus. Alexander Schiebel erzählt die Geschichte dieses Aufstandes und enthüllt dadurch das streng geheime Rezept jenes Zaubertrankes, der die mutigen Malser unbesiegbar macht. Eine Inspirationsquelle für Aufständische in aller Welt - und ein lebendiges Porträt jenes kleinen Dorfes, das sein Schicksal selbst in die Hand nehmen möchte.

Alexander Schiebel wurde 1966 in Salzburg, Österreich geboren. Gleich nach dem Abitur hat er seine Leidenschaft fürs Geschichtenerzählen zum Beruf gemacht und in Wien das Filmhandwerk erlernt. 2013 zog er für fünf Jahre nach Südtirol und arbeitete in dieser Zeit an Buch und Film zum »Wunder von Mals«. Für das Buch über den Widerstand der Gemeinde Mals gegen den Pestizideinsatz in den Südtiroler Apfelplantagen wurde er 2018 mit dem Salus-Medienpreis ausgezeichnet. Nach kurzem Aufenthalt in Leipzig befindet sich Schiebel seit 2019 auf weltweiter Recherchetour zu neuen Buch- und Filmprojekten.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1 Ein unbeugsames Dorf Wie alles begann
In Österreich ist das Benzin viel günstiger«, sagt Gianni Bodini auf dem Weg zur Kassa. »Deshalb fahren viele Südtiroler extra hier herauf, um zu tanken.« Mit »hier herauf« meint Gianni Bodini den Reschenpass an der Grenze zwischen Österreich und Italien, zwischen Tirol und Südtirol. Mein Blick fällt auf ein Schild, das den »höchstgelegenen Campingplatz Österreichs« anpreist. Er liegt direkt hinter der Tankstelle und sieht wenig einladend aus. An der Kassa bestehe ich darauf, das Benzin bezahlen zu dürfen. Schließlich gebe es für die Teilnahme an unserem Filmprojekt kein Honorar. Gianni lässt sich schließlich überreden. Bevor wir wieder in den Wagen steigen, sehe ich im ersten Stock des Tankstellengebäudes eine Schneewittchenfigur in einem der Fenster. Hinter den anderen Fenstern stehen die dazugehörigen Zwerge. Ich zähle nur sechs. Der siebte Zwerg fehlt. Doch er ist nicht der einzige Mangel. Alles an diesem Ort strahlt eine eigenartige Trostlosigkeit aus. Vielleicht weil die meisten der Gebäude nicht mehr benötigt werden. Wehmütig erzählen sie von einer anderen Zeit, ihrer früheren Bedeutung. Sie scheinen darüber zu klagen, dass heute niemand mehr anhält. Niemand kurbelt das Seitenfenster herunter, um seinen Reisepass vorzuweisen. Niemand wechselt hier Schilling in Lire oder umgekehrt. Niemand steigt hundert Meter nach dem Grenzübertritt aus, um feierlich den ersten italienischen Espresso zu trinken. Auch Gianni Bodini und ich steigen nicht aus. Wir parken unseren Wagen zwar vor einem flachen Gebäude mit der Aufschrift Bar Spaghetteria Daniel, neben dessen Eingang eine italienische Flagge lustig im Wind flattert, aber nicht, um den Grenzübertritt zu zelebrieren, sondern um die vor uns liegende Arbeit zu besprechen. Im Inneren der Bar ist es so dunkel, dass man auf Kunstlicht angewiesen ist. In einer Ecke des Raums sitzt ein dicker Mann mit heruntergezogenen Mundwinkeln und einem Bart, der an einen Seehund erinnert. Er starrt auf ein Glas Bier, das vor ihm auf dem Tisch steht. Sonst ist die Bar menschenleer. Wir gehen zum Tresen und bestellen einen Espresso und eine heiße Schokolade bei einer etwa 30-jährigen Frau, die nur italienisch spricht. Gianni bringt in Erfahrung, dass diese Frau von Bologna hier heraufgekommen ist, weil sie weiter unten keine Arbeit gefunden hat. Mein Italienisch reicht aus, um Giannis Gespräch mit der Frau in groben Zügen zu folgen, doch es reicht nicht aus, um selbst auch nur einen Satz hervorzubringen. Es reicht übrigens auch nicht aus, um den italienischen Radiosprecher zu verstehen, der seine Moderationen in atemberaubender Geschwindigkeit vorträgt. Zur Zeit der Römer führte die wichtigste Nord-Süd-Verbindung hier über den Reschenpass: die Via Claudia Augusta. Jahrhundertelang wurden hier Menschen und Waren vom Süden in den Norden und vom Norden in den Süden transportiert. Erst im 14. Jahrhundert, mit dem Bau einer Straße durch das Eisacktal, verlor der Reschenpass einen Teil seiner Bedeutung. Zum Glück, möchte man heute sagen. Während nämlich an diesem Morgen des 17. Oktober 2014 endlose Fahrzeugkolonnen über den Brennerpass und die Autostrada A22 durch das Eisacktal rollen, passiert den Reschenpass nur dann und wann ein vereinzeltes Fahrzeug. The main ingredient is love
»Der Film soll eine Art Road-Movie werden«, erkläre ich Gianni. »Wir folgen dem Verlauf der Via Claudia Augusta durch ganz Südtirol, vom Reschenpass bis zur Salurner Klause, und halten unsere Augen offen, warten ab, was uns widerfährt.« »Wie zum Beispiel unsere Begegnung mit einer Frau aus Bologna, die nur am Reschenpass Arbeit findet?«, fragt Gianni. »Genau.« Ich bestelle ein Croissant, das parfümiert schmeckt, und plaudere mit Gianni über die Hintergründe des Filmprojekts, dessen Dreharbeiten gerade beginnen. Prod