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'Wer's hört, wird selig'

Musikalisches und Unmusikalisches | Otto Schenk

E-Book (EPUB)
2018 Amalthea Signum Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
240 Seiten
ISBN: 978-3-903217-25-6

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Kurztext / Annotation
Otto Schenks Musik(ver)führer

'Wer's hört, wird selig' ist eine sehr persönliche Rückschau auf ein Leben mit Musik: humoristische und bewegende Erinnerungsszenen aus Otto Schenks Regiearbeit an internationalen Opernhäusern, Begegnungen mit großen Sängern, Theatermenschen und Dirigenten von Leonard Bernstein bis Carlos Kleiber, von Sena Jurinac, Gundula Janowitz und Birgit Nilsson über Wolfgang Windgassen, Franco Corelli und Plácido Domingo bis Lucia Popp, Brigitte Fassbaender und Anna Netrebko.
Die weite Welt der Musik und der Oper informativ und humorvoll erzählt - ein Buch für Opern- und Musikfreunde, jene, die es werden wollen und alle Fans von Publikumsliebling Otto Schenk.

Mit zahlreichen Abbildungen

Otto Schenk, geboren 1930 in Wien, erlebte eine von den Schrecken des Naziregimes geprägte Kindheit. Nach der Ausbildung am Max Reinhardt Seminar debütierte er in Wien als Schauspieler und wirkte international als Regisseur am Theater und an führenden Opernhäusern sowie als Direktor am Theater in der Josefstadt. Auch war er in zahlreichen Fernsehspielen zu erleben. Zahllose Auszeichnungen, Preise und Orden zeugen von der Anerkennung durch Politik, Medien und vor allem durch sein Publikum. Zuletzt bei Amalthea erschienen: 'Es war nicht immer komisch' (2010), 'Warum mir so fad ist ...' (2012), 'Ich bleib noch ein bissl' (2014), 'Ich kann's nicht lassen' (2016)

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Mein Weg in und um die Musik oder: Was ist Musik?

Ich habe einen seltsamen, fast illegitimen Standpunkt zur Musik. Meine Sehnsucht, eine Musik zu verstehen, ist größer als meine Musikalität. Ich habe kein absolutes Gehör, kaum ein relatives, höre nur besonders falsche Töne und bin sehr stimmungslabil der Musik gegenüber.

Der Ausspruch »Musik wird störend oft empfunden, dieweil sie mit Geräusch verbunden« von Wilhelm Busch könnte ein bissl von mir sein, wobei ich ihn noch erweitern möchte: Ich kann Musik nicht vertragen, wenn ich nicht auf sie eingestellt bin. Weder im Lift, wenn sie rauscht, noch im Lokal, wo sie das Gespräch zudeckt, noch in einer Disco. Ich würde in einer Disco erkranken.

Was mich an der Musik, wenn ich auf sie eingestellt bin, begeistern kann, sind zweierlei Dinge: Einerseits ist Musik eine höhere Mathematik. Sie besteht aus Regeln und aus einer Sehnsucht, diese Regeln zu befolgen oder zu zerstören. Aber auch die ärgste Zerstörung enthält noch eine Sehnsucht nach einer Ordnung, und das Ganze wird in einer mathematischen Schrift aufgezeichnet, die nur einen Teil der Wirkung wiedergibt, der andere Teil ist der Interpretation überlassen - ein relativ geringer Teil. Auch die schlechteste Interpretation der fünften Sinfonie Beethovens lässt das Werk erkennen, und manche Schweinsohren unterscheiden sehr schwer zwischen einer gut dirigierten fünften Sinfonie Beethovens und einer mittelmäßig dirigierten. Nur mit großem Glück und an Tagen, an denen sie gut beieinander sind, erkennen diese Schweinsohren eine ganz schlechte Interpretation. Meist festigen auch nur ein giksendes Horn und/oder eine Tschinelle, die dem Musiker heruntergefallen ist, das Urteil »Das war heut nicht gut gespielt« eines Schweinsohrhörigen.

Ich stand der Musik von Anfang an mit großem Unverständnis gegenüber. Das Gedudel von kindlichen Melodien war mir schon als Kind langweilig, ja sogar peinlich. Wenn wir im Kindergarten »Ist die schwarze Köchin da?« herunterratschen mussten oder wenn man mit uns »Fuchs, du hast die Gans gestohlen« einstudierte, fand ich das läppisch. Es müsste doch noch etwas anderes geben, das dahinter steckt, etwas Komplizierendes, etwas Schwierigmachendes, eine Regel, eine Variationsmöglichkeit. Und der Weg vom Gedudel einer, wenn auch einprägsamen Melodie zum Lied und zur Phrase, die Material für mehr sein musste, war mir noch verschlossen. »Was ist denn Musik eigentlich?« könnte man fragen. Dazu war ich damals natürlich zu blöd und zu jung.

»Aber was ist Musik wirklich?«

Eigentlich bin ich heute noch blöder, wenn auch nicht mehr jung, um diese Frage mit kurzen Sätzen oder überhaupt zu beantworten.

Einerseits ist sie, wie oben schon erwähnt, eine ungeheure mathematische Leistung. Ohne die mathematische Notenleistung des Aufschreibens, Berechnens, Klänge Erforschens, hörbare Verbote befolgend oder verfolgend, ohne die Kenntnis dieser Mathematik gibt es keine Musik. Die nicht aufschreibbare Musik des Altertums ist zugrunde gegangen. Die chinesische Musik hat keine große Karriere gemacht. Die Chinesen retten sich in unsere Konzertsäle. Ihr Gedudel und Gequietsche, so wie wir das manchmal ungerecht bezeichnen, ist ein Klangrausch, aber nicht das, was wir unter Musik verstehen.

Der andere Weg, der ins Volk abgedriftet ist, Pop, Jazz oder die Volksmusik, lebt von der klassischen Musik, muss die klassische Musik zumindest gestreift oder erlernt haben, um dann die Direttissima ins Volkstümliche zu finden. Auch die lebt von einer Regel und von einer Sehnsucht, diese Regel zu befolgen oder zu zerstören, die hinter allem, was Musik ist, drohend steht. Und wenn der Zwölftonerfinder gesagt hat: »Jeder Ton der zwölf Töne muss in der Folge nur einmal verwendet werden und die zwölf Töne sind gleichberechtigt«, so schwindelt er, denn die Töne s