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Paurs Traum

Andreas Schindl

E-Book (EPUB)
2018 Braumüller Verlag
Auflage: 1. Auflage
384 Seiten
ISBN: 978-3-99200-219-1

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Kurztext / Annotation
Leopold Paur, Sohn eines trunksüchtigen Landwirts in der Provinz, der im Wien des 18. Jahrhunderts Karriere als Hofadvokat macht, hat einen Traum: Sein Name soll in die Annalen eingehen. Zu diesem Zweck will er eine den Prinzipien der Freimaurerei verpflichtete ideale Stadt errichten. Das fantastische Projekt soll durch die Einnahmen aus dem Verkauf eines bahnbrechenden Medikaments finanziert werden. Doch Leopold hat sich verrechnet ...

Die auf historischen Tatsachen beruhende Geschichte ist ein Musterbeispiel für die Utopien der beginnenden Aufklärung.

Andreas Schindl, 1968 in Wien geboren, studierte Medizin in Wien und Photobiologie in Padua. Neben seiner Tätigkeit als Hautarzt publizierte er bisher einen Essayband und ein Sachbuch.
Paurs Traum ist sein Romandebüt.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

25. Juli 1751

Der Traum

Die Sonne steht im Zenit. Aber das ahnt man heute mehr, als man es sieht. Nach den Regenfällen der letzten Tage quillt seit dem Morgen aus den Wiesen und Wäldern dichter Dunst. Das ganze Becken scheint zu dampfen, der Himmel ist milchig, das Licht diffus. Der Duft von feuchtem Heu, fetter Erde und frisch gesägten Brettern liegt über der Ebene. Es herrscht Ruhe ringsumher. Kein Vogelgezwitscher, kein Pferdegewieher; kein Sensensirren, kein Hammerschlag, kein Sägensingen; keine Stimmen. Totenstill liegt der Bauplatz zu Füßen des hölzernen Gerüsts, auf dem Leopold steht, um den Fortschritt der Arbeiten zu prüfen. Jeden Tag erklimmt er zur Mittagsstunde den Turm. Da und dort glimmt die Glut einer Esse, der Rauch steigt in der stehenden Luft fadenförmig auf. Die Zimmerer und Maurer, die Zeichner und Vermesser, die Pflasterer und Schmiede kennen die Gewohnheit des Bauherrn und wagen nicht, sie zu stören. Ermattet durch die Anstrengung der morgendlichen Arbeit und durch die Schwüle der mittäglichen Hitze ruhen die Lehrlinge, Gesellen und Meister unter ihresgleichen. Sie wissen, dass sie ausgewählt wurden, weil sie die Ersten ihrer Zunft, die Spitzen ihrer Gilde sind. Denn es erfordert die Besten, um das Werk zu verwirklichen, das dieser Bauherr ersonnen hat.

Leopolds Blick schweift zuerst nach Nordosten: Schnurgerade verläuft die Achse der Straße, die zum Tor des Nordwindes führen soll, drei Meilen in Richtung Horn und weiter bis Retz und Znaim. Hier kommen die Arbeiten gut voran. Auch das Gelände in den jeweils anschließenden Sektoren ist in einem Maß planiert worden, das darauf hoffen lässt, dass der Untergrund für die Fundamente der Straßen und Plätze, der Kirchen und Häuser vor dem Herbst ausreichend befestigt werden kann. Die Straße nach Altenburg ist im Augenblick noch eher eine Ahnung. Der in diesem Bereich tätige Bautrupp ist in den vergangenen Wochen langsamer vorangekommen als jener im nördlichen Abschnitt. Allerdings ist das Gelände hier ungleich schwieriger. Um das Bett für die südöstliche Hauptstraße und die Gebäude der angrenzenden Viertel bauen zu können, müssen noch einige Hügel abgetragen und wohl ebenso viele Senken aufgeschüttet werden. Vielleicht wird es erforderlich sein, im Süden mehr Taglöhner für das Fällen der Bäume und das Kupieren der Kuppen einzustellen, überlegt Leopold, der sich nun weit über die Brüstung der obersten Plattform hinauslehnt. Das diesige Zwielicht schmerzt in den Augen, er muss ein paar Mal blinzeln und mit dem Handrücken über die Lider fahren, um besser sehen zu können. Am größten ist der Baufortschritt entlang der Ost-West-Achse. Sie ist fast vollständig gepflastert, die Quellen und Bäche in ihrem Verlauf sind gefasst, die Brunnen gemauert und die Abwasserkanäle gezogen. Leopold blickt auf den Plan, wendet sich nach links und schaut nach Osten.

Dort, wo das Tor der Aufgehenden Sonne die Verbindung der Stadt nach Eggenburg markieren soll, hat man bereits begonnen, die Stämme für das Gerüst der Bogenkonstruktion abzuladen. Entsprechend der alten Tradition der Baumeister hat Leopold angeordnet, den Grundstein zu seiner Stadt im Nordosten zu legen, und zwar an der Stelle, wo die Sonne am Morgen des 15. November, dem Tag des Heiligen Leopold, über den herbstlichen Horizont steigt. Demnächst wird dort die Porta Orientalis , das prächtigste der Stadttore, in die Höhe wachsen.

Leopold sieht sich durch die breiten, sternförmig aufeinander zulaufenden Straßen gehen, an deren Kreuzungspunkt er den Aussichtsturm errichten hat lassen, von dem aus er jetzt den Fortgang der Bauarbeiten prüft. Hier wird das Zentrum seiner Stadt entstehen, ein Ort der Zusammenkunft, des Handels mit exquisiten Spezereien aus aller Herren Länder ebenso wie mit erlesenen Gedanken aus allen Denkschulen der We