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Change the game

Wie wir uns das Netz von Facebook und Google zurückerobern | Corinna Milborn; Markus Breitenecker

E-Book (EPUB)
2018 Christian Brandstätter Verlag
328 Seiten
ISBN: 978-3-7106-0304-4

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Kurztext / Annotation
Im Silicon Valley haben einige wenige Tec-Giganten globale Medienmonopole aufgebaut. Konzerne wie Google oder Facebook machen uns süchtig und sind nur auf den ersten Blick kostenlos, bequem und attraktiv. Die renommierte Journalistin Corinna Milborn und der Mediengründer Markus Breitenecker zeigen auf, wie die Machtkonzentration der Plattformkonzerne unsere Demokratie zerstört und benennen, was wir dagegen tun können. Sie entwickeln neue Ideen für einen öffentlich-rechtlichen Auftrag, der die europäischen Medien dabei unterstützt, eigene (Social-) Media-Destinationen mit Qualitätsanspruch zu entwickeln und dabei auf Kooperation statt Konkurrenz setzt, um gegen die US-Tec-Monopole zu bestehen.

Corinna Milborn ist Journalistin, TV-Moderatorin und renommierte Autorin. Seit 2013 ist sie Informations-direktorin der Sendergruppe ProSiebenSat.1Puls4-Österreich, 2017 wurde sie zur 'Journalistin des Jahres' gekürt. Markus Breitenecker ist Gründer von PULS?4 und des Digital-Festivals 4GAMECHANGERS. Er ist CEO von ProSiebenSat.1 PULS 4 in Österreich und wurde mehrmals zum 'Medienmanager des Jahres' gewählt.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

2.DIE NEUEN HERRSCHER DER WELT
Das Billionen-Business von Facebook, Google, Amazon

"You have to move fast and break things. If you're not breaking things, you're not moving fast enough." MARK ZUCKERBERG

Im Sommer 2016, als die großen US-Tech-Unternehmen - zumindest von Europa aus gesehen - noch die coolen, hippen, jungen Dinger waren, in die man seine Manager schickte, um Disruption zu lernen, standen wir zur Frühstückszeit in San Francisco in der Mission Street an einem Obststand. Mission ist traditionell ein ärmerer Bezirk der Stadt, erste Station für Einwanderer aus Mexiko und Mittelamerika. Die Umgangssprache hier ist Spanisch, die Häuser sind niedrig. Es gibt mexikanische Restaurants, Second-Hand-Geschäfte, Ein-Dollar-Shops und Dutzende Galerien und Ateliers, in denen seit den 1970ern die Latino-Kunst-Szene der Stadt pulsiert. Es ist ein angenehmer Ort für eine Auszeit vom Zentrum. Der Obstmann schneidet gerade eine Mango und bestreut sie mit Chili und Salz, als ein mittelgroßer Bus mit schwarzen Scheiben vorbeigleitet. Ein junger Mann greift in die Tomaten, hebt den Arm und wirft mit größter Selbstverständlichkeit und Präzision drei davon auf den vorbeifahrenden Bus. "Cabrones", zischt er. "Hijos de la gran puta", nickt der Obststandler und übergibt den Sack mit der geschnittenen Mango. "Google Bus", fügt er hinzu, als er unseren ratlosen Blick sieht. Es scheint ihm Erklärung genug.

"Google Bus" - so nennt man hier die Shuttle-Busse, die die Tech-Arbeiter, die neue Elite der Welt, von San Francisco 40 Meilen weiter südlich ins Silicon Valley bringen. Sie sind schwarz oder silberfarben, ihre Scheiben sind getönt und sie haben keine Logos. Seit es 2013 Blockaden gab, weil sie die öffentlichen Busstationen nützten und so den Arbeitsweg der anderen Leute behinderten, sammeln sie die Silicon-Valley-Arbeiter an wechselnden Punkten auf. Es ist eine seltsame, fast unsichtbare Parallelstruktur, die das Silicon Valley durch die LieblingsWohnstadt seiner Arbeiter zieht.2 Die Bevölkerung von Mission erkennt sie trotzdem, und sie hasst sie: "Die Silicon-Valley-Typen sind schuld daran, dass wir hier nicht mehr leben können", sagt der Obstmann. So beliebt Google, Facebook und die anderen im Rest der Welt sind - so wenig schätzt man sie hier: Ihre Angestellten verdienen ein Vielfaches eines Normalo-Gehalts, siedeln sich in den hippen (vormals ärmeren) Vierteln an, treiben die Mieten hoch und heizen eine Immobilienblase an, wegen der sich täglich Familien auf der Straße finden: delogiert, ersetzt durch einen neuen 20-jährigen Programmierer im Kapuzenpulli oder ein Airbnb-Apartment, bezahlt mit einem Jahresbonus. Die berühmten Graffiti und Wandmalereien in der Clarion Alley an der Mission Street zeigen das: Wo vor einigen Jahren noch Rassismus, Irak-Krieg und Überwachung die großen Themen waren, geht es jetzt fast ausschließlich um Wohnraum. "Wohnen ist ein Menschenrecht", steht da immer wieder auf den Murales. Und: "Delogiert Google."

Hebt man den Blick und geht aufmerksam durch San Francisco, erhärtet sich das Bild, dass die Umgebung der Silicon-Valley-Giganten nicht von deren Reichtum profitiert: Die Stadt ist seltsam leer, in manchen Vierteln wirkt sie wie eine leblose Hülle ihrer selbst. Von normalen Jobs kann man in der Stadt nicht mehr leben. Familien ziehen weg. Kreative wandern aus. Unser UberFahrer schläft außerhalb der Stadt in seinem Auto, weil er keine Wohnung mehr hat. Ein Freund, der auf der Universität Musik unterrichtet, muss mit 35 wieder zu seinen Eltern ziehen. Die Infrastruktur - noch nie eine Stärke amerikanischer Städte - bröckelt. Abends sind nur mehr die Hunderten Obdachlosen auf den Straßen. Der unfassbare Reichtum, der wenige Kilometer weiter südlich bei den großen Tech-Medien produziert wird, schlägt sich hier in ein paar Biosupermärkten