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Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen

Isaac Blum

E-Book (EPUB)
2023 Beltz
224 Seiten; ab 14 Jahre
ISBN: 978-3-407-75722-7

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Kurztext / Annotation
Hoodie Rosens Alltag ist ziemlich unspektakulär: Seinen Lehrern Paroli bieten, das Chipssortiment des koscheren Supermarkts durchtesten, Wurfgeschossen seiner Schwestern ausweichen. Bis er Anna-Marie kennenlernt und sie gemeinsam Hakenkreuze von einem jüdischen Grab entfernen. Für Hoodie eine gute Tat - für seine Familie Verrat. Denn Anna-Marie ist nicht nur ein nichtjüdisches Mädchen, sondern noch dazu die Tochter der Bürgermeisterin, die der jüdisch-orthodoxen Gemeinschaft den Kampf angesagt hat. Plötzlich wird Hoodies heimelige Welt sehr ungemütlich. Wo will er stehen? Als die antisemitische Stimmungsmache eskaliert, erscheint alles in einem neuen Licht. Eine schlagfertige Geschichte über Geborgenheit und Eingeengtsein, Doppelmoral und unverhoffte Freundschaft.

Isaac Blum hat Kreatives Schreiben studiert und an verschiedenen Universitäten sowie jüdisch-orthodoxen und öffentlichen Schulen Englisch unterrichtet. 'Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen' ist sein Debütroman. Am liebsten liest er Romane, die ihn zum Lachen bringen und ihm gleichzeitig etwas über die Welt erzählen.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Kapitel 1
in dem ich Tu B'Av feiere und den ersten Schritt in mein eigenes Verderben gehe

Später versuchte ich Rabbi Moritz zu erklären, was ironisch daran war, dass ich ausgerechnet durch mein schreckliches Verbrechen die ganze Gemeinde gerettet hatte. Er begriff es nicht, entweder weil er zu verärgert war oder weil er andere Dinge im Kopf hatte oder weil der Mann einfach keinen Sinn für Humor hat.

Heute finde ich es nicht mehr lustig - diese Sache hat mein Leben zerstört, mich auf die Intensivstation gebracht und mich und meine Familie zutiefst gedemütigt. Aber damals fand ich es lustig.

Alles begann an Tu B'Av, an einem der etwas merkwürdigeren jüdischen Feiertage. Ich bin orthodox, aber selbst ich könnte nicht spontan erklären, was wir an diesem Tag eigentlich feiern. Es fiel mir erst wieder ein, als ich aus dem Fenster blickte und das Mädchen in Weiß entdeckte. Sie stand auf dem Bürgersteig der gegenüberliegenden Straßenseite.

Es war im Halacha-Unterricht, in dem wir jüdisches Recht und jüdischen Lebenswandel lernten. Wir sprachen gerade über das rituelle Händewaschen. Rabbi Moritz schritt vor dem Whiteboard auf und ab, las aus dem Schulchan Aruch vor und schrieb gelegentlich etwas auf Hebräisch oder Englisch an die Tafel.

Ich war ein bisschen abgelenkt, weil Mosche Zvi neben mir sein Müsli schlürfte, und außerdem ein bisschen abgelenkt, weil Ephraim Reznikov laut, aber nicht exakt synchron mit Rabbi Moritz in seinem Schulchan Aruch las. Vor allem aber war ich abgelenkt, weil mir verflixt noch mal nicht einfallen wollte, was Tu B'Av eigentlich für ein Fest war.

Meinen Kumpel Mosche Zvi konnte ich nicht fragen, der würde mich auslachen, weil ich das nicht wusste. Mosche Zvi ist Meister im Talmud. Das ist kein offizieller Titel, aber der Kerl lernt echt hart und gibt dir das Gefühl, dass du ein dummer Schmock bist, wenn du nicht so viel weißt wie er. Also starrte ich weiter aus dem Fenster, als läge die Antwort draußen auf der Straße. Und das tat sie.

Denn jetzt tanzte das Mädchen, bewegte die Hände, ließ sachte die Hüften kreisen.

Was mich daran erinnerte, dass Tu B'Av etwas mit tanzenden Mädchen und der Weintraubenernte zu tun hatte - die Weinernte war in biblischen Zeiten ein echtes Highlight. Während der Weinernte zogen alle unverheirateten Mädchen von Jerusalem in die Weinberge hinauf, wo die Ernte stattfand. Sie tanzten und trugen nichts als schlichte weiße Gewänder. Weil alle diese Mädchen schlichte weiße Gewänder trugen, wussten die Jungen nicht, ob die Mädchen reich oder arm waren, ja nicht einmal, welchem Stamm sie angehörten. Unter diesen fairen Wettbewerbsbedingungen konnten die Jungen eine Frau wählen, ohne darüber nachzudenken, ob sie womöglich arm war oder irgendeinem unliebsamen Stamm angehörte.

Das Mädchen draußen trug kein weißes Gewand, denn wir waren im 21. Jahrhundert. Sie trug ein weißes T-Shirt, das ihre dünnen Arme frei ließ. Das Shirt reichte bis knapp über die verwaschenen Shorts, die so kurz waren, dass man ziemlich viel von ihren nackten Beinen sehen konnte. Dazu trug sie weiße, blau gestreifte Adidas-Sneakers.

Sie tanzte. Doch für wen tanzte sie? Außer einem kleinen weißen Hund war niemand mit ihr auf dem Bürgersteig. Ich fand dieses Verhalten seltsam, aber vielleicht tanzten nichtjüdische Mädchen ja die ganze Zeit vor ihren Hunden. Ich hatte keine Ahnung. Nichtjüdische Mädchen sollte ich sowieso gar nicht anschauen. Vermutlich gab es auch jüdische Mädchen, die sich so kleideten, aber bestimmt keines von denen, die ich kannte. Und falls sie ein jüdisches Mädchen war, das sich derart kleidete, dann war es mir ebenfalls nicht erlaubt, sie anzuschauen.

Als sie mit dem Tanzen fertig war, ging sie zu einem Baum hinüber, bückte sich und hob ein Telefon auf. Hatte sie ihren Tanz gefilmt? Sie stand auf, sah herüber und unsere Blicke trafen sich