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Das Lied der ZelleOverlay E-Book Reader

Das Lied der Zelle

Wie die Biologie die Medizin revolutioniert -- Medizinischer Fortschritt und der Neue Mensch | Das spektakuläre neue Buch des Pulitzer-Preisträgers | Siddhartha Mukherjee

E-Book (EPUB)
2023 Ullstein
Auflage: 1. Auflage
672 Seiten
ISBN: 978-3-8437-2907-9

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Kurztext / Annotation
Als im späten 16. Jahrhundert der englische Universalgelehrte Robert Hooke und der holländische Tuchhändler Antonie van Leeuwenhoek durch ihre handgefertigten Mikroskope blickten, sahen sie etwas, was der Biologie und der Medizin ein radikal neues Konzept hinzufügte und beide Wissenschaften für immer veränderte: Komplexe lebende Organismen bestehen aus winzigen, in sich geschlossenen und sich selbst regulierenden Einheiten. Unsere Organe, unsere Physiologie, unser Selbst - Herz, Blut, Gehirn - sind aus diesen kleinen Teilen aufgebaut: den Zellen. Sie ermöglichen all unsere komplexen Körperfunktionen: Immunabwehr, Fortpflanzung, Empfindungsvermögen, Kognition und Erneuerung. Die Schattenseite ist die ungemeine Zerstörungskraft dysfunktionaler Zellen, die einen Körper seiner Lebensfähigkeit berauben können. Mukherjee erzählt vom enormen Potenzial unseres vertieften Verständnisses der Zellphysiologie und -pathologie. Es hat eine Revolution in Biologie und Medizin ausgelöst, transformative Medikamente hervorgebracht und Menschen verändert.

Siddhartha Mukherjee ist praktizierender Onkologe am Columbia University Medical Center und Autor. Für sein Buchdebüt Der König aller Krankheiten: Krebs - eine Biographie erhielt er 2011 den Pulitzer Preis. Auch Das Gen - eine sehr persönliche Geschichte war ein weltweiter Erfolg. Als Experte auf dem Gebiet der Krebs- und Stammzellforschung veröffentlicht er regelmäßig in The New Yorker und der New York Times. Dr. Mukherjee lebt mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern in New York.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

VORSPIEL

»Die Elementarteile des Organismus«

»Ganz einfach«, sagte er. »Es ist eines der Beispiele dafür, wie ein kritischer Kopf eine Wirkung erzielen kann, die einem anderen bemerkenswert erscheint, und nur, weil er den kleinen Punkt übersehen hat, der die Grundlage für die Schlussfolgerung bildet.

- Sherlock Holmes zu Dr. Watson3

Das Gespräch fand im Oktober 1837 beim Abendessen statt.4 Die Dämmerung war hereingebrochen, und in den Hauptstraßen von Berlin leuchteten schon die Gaslampen. Nur vereinzelt haben sich Erinnerungen an den Abend erhalten. Es wurden keine Notizen gemacht und keine wissenschaftliche Korrespondenz geführt. Uns bleibt nur die Geschichte darüber, wie zwei Freunde - Institutskollegen - bei einer zwanglosen Mahlzeit über Experimente diskutierten und sich über eine entscheidende Idee austauschten. Einer der beiden hieß Matthias Schleiden und war Botaniker. Über seine Stirn zog sich eine auffällige, entstellende Narbe, das Überbleibsel eines früheren Selbstmordversuchs. Bei dem zweiten, dem Zoologen Theodor Schwann, reichten die Koteletten bis zu den Wangen hinunter. Beide arbeiteten an der Berliner Universität unter Leitung des angesehenen Physiologen Johannes Müller.

Schleiden, ein ehemaliger Rechtsanwalt, beschäftigte sich mit Aufbau und Entwicklung von Pflanzengeweben. Im Rahmen seiner »Heusammelei«, wie er sie nannte, hatte er Hunderte von Fundstücken aus dem Pflanzenreich gesammelt: Tulpen, Traubenheide, Fichten, Gräser, Orchideen, Salbei, Linanthus, Erbsen und Dutzende von Lilienarten.5 Seine Sammlung wurde in Botanikerkreisen bewundert.6

An jenem Abend unterhielten sich Schwann und Schleiden über die Phytogenese, den Ursprung und die Entwicklung der Pflanzen. Dabei teilte Schleiden seinem Gegenüber etwas Wichtiges mit: Bei all seinen Pflanzenfunden hatte er eine »Einheitlichkeit« von Aufbau und Struktur beobachtet. Wenn Pflanzengewebe - Blätter, Wurzeln, Keimblätter - sich entwickelte, wurde stets eine auffällige subzelluläre Struktur sichtbar, der Zellkern. (Über die Funktion des Kerns wusste Schleiden nichts, aber er erkannte seinen charakteristischen Aufbau.)

Die größte Überraschung war vielleicht eine weitreichende Einheitlichkeit im Aufbau der Gewebe. Jeder Teil der Pflanze war nach dem Baukastenprinzip aus eigenständigen, unabhängigen Einheiten aufgebaut - den Zellen. »Jede Zelle führt ein Doppelleben«, schrieb Schleiden ein Jahr später. »Das eine ist völlig unabhängig und gehört nur zu ihrer eigenen Entwicklung; das andere folgt daraus insofern, als sie zum Teil einer Pflanze geworden ist.«7

Ein Lebewesen innerhalb des Lebendigen. Ein unabhängiges Lebewesen, eine Einheit, die einen Teil des Ganzen bildet. Ein lebender Baustein, enthalten in dem größeren lebendigen Organismus.

Schwann spitzte die Ohren. Auch ihm war der Zellkern ins Auge gefallen, allerdings in den Zellen eines sich entwickelnden Tiers, nämlich einer Kaulquappe. Und auch er hatte die Einheitlichkeit im mikroskopischen Aufbau der Gewebe von Tieren beobachtet. Die »Einheitlichkeit«, die Schleiden bei den Pflanzenzellen gesehen hatte, war vielleicht ein tieferes Prinzip, das für alles Leben galt.

In Schwanns Kopf nahm ein noch unfertiger, aber zutiefst radikaler Gedanke Gestalt an, ein Gedanke, der für die Geschichte von Biologie und Medizin zum Wendepunkt werden sollte. Vielleicht schon an diesem Abend, vielleicht auch ein wenig später lud er Schleiden ein (oder drängte ihn möglicherweise sogar), in das Labor seines Anatomiesaals zu kommen, wo er sein Material aufbewahrte. Schleiden blickte durch das Mikroskop. Er konnte es bestätigen: Was den mikroskopischen Aufbau einschließlich des auffälligen Zellkerns anging, sah das entstehende Tier fast genauso aus wie eine Pflanze.8

Tiere und Pflanzen - unterschiedlicher, so schien e