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Alibi für einen KönigOverlay E-Book Reader

Alibi für einen König

Josephine Tey

E-Book (EPUB)
2022 Oktopus By Kampa
Auflage: 1. Auflage
256 Seiten
ISBN: 978-3-311-70358-7

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Kurztext / Annotation
Inspector Alan Grant von Scotland Yard muss mit einem gebrochenen Bein das Bett hüten - und fühlt sich wie im Gefängnis. Erbärmlicher noch, denn im Krankenhaus ist Haftverkürzung selbst bei guter Führung ausgeschlossen. Beinahe so demütigend wie die Erinnerung an seinen lächerlichen Sturz ist der schroffe Ton der Krankenschwestern. Am schlechtesten aber erträgt Grant die Langeweile. Eine Freundin rät ihm, sich an einem der vielen ungelösten Rätsel der Kriminalgeschichte zu versuchen, und versorgt ihn mit Porträts berühmter Verbrecher. Beim Anblick von Richard III., der seine Neffen ermordet haben soll, muss Grant stutzen: Keineswegs die Visage eines Mörders, befindet der erfahrene Polizist. Mit der Unterstützung eines unterbeschäftigten Historikers geht Grant der Sache nach und stellt fest: Die Beweislage ist äußerst dürftig. Grant kann der Versuchung nicht widerstehen: Vom Krankenbett aus rollt er einen über vierhundert Jahre zurückliegenden Mordfall ganz neu auf.

JOSEPHINE TEY wurde 1896 unter dem Namen Elizabeth MacKintosh als Tochter eines Gemüsehändlers im schottischen Inverness geboren. Sie machte eine Ausbildung zur Turnlehrerin, später zog sie als Krankenschwester in den Ersten Weltkrieg. 1923 kehrte sie in ihr Elternhaus zurück, um sich nach dem frühen Tod der Mutter um ihren Vater zu kümmern. Unter dem Pseudonym Gordon Daviot schrieb sie Theaterstücke und Drehbücher, die erfolgreich am Londoner Westend und am New Yorker Broadway liefen, die allermeisten ihrer Kriminalromane veröffentlichte sie allerdings als Josephine Tey. Sie lebte sehr zurückgezogen, mied öffentliche Auftritte und Interviews. Josephine Tey starb im Alter von 55 Jahren während einer Reise nach London. Weitere Romane sind in Vorbereitung.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1

Grant lag in seinem hohen weißen Bett und starrte zur Decke. Angeekelt starrte er sie an. Er kannte jeden noch so kleinen Riss auf der schönen sauberen Fläche auswendig. Er hatte die Decke zur Landkarte gemacht und Flüsse, Inseln und Kontinente darauf entdeckt. Er hatte ein Wimmelbild aus ihr gemacht und Gesichter, Vögel und Fische darin gefunden. Er hatte sie mathematisch vermessen und sich in seine Kindheit zurückversetzt gefühlt: Winkel, Rechtecke, Dreiecke. Nun konnte er sie nur noch anstarren. Ihr Anblick war ihm verhasst.

Er hatte die Zwergin gebeten, sein Bett ein wenig zu verrücken, damit er ein neues Stück der Decke erkunden konnte. Aber offenbar störte dies die Symmetrie des Raumes, und in Krankenhäusern kommt die Symmetrie kurz nach der Sauberkeit und ein gutes Stück vor der Gottgefälligkeit. Alles, was der Symmetrie zuwiderlief, war eine Profanierung des Krankenhauses. Weshalb er denn nicht lese, fragte sie ihn. Warum lese er denn nicht einen dieser teuren nagelneuen Romane weiter, die seine Freunde ihm ständig brächten?

»Es werden viel zu viele Menschen geboren und viel zu viele Wörter geschrieben. Jede Minute kommen Millionen und Abermillionen Wörter aus den Druckmaschinen. Ein grauenhafter Gedanke.«

»Ihre Verdauung ist wohl nicht in Ordnung«, sagte die Zwergin.

Die Zwergin war Schwester Ingham. Nüchtern betrachtet war sie eine sehr hübsche, etwa ein Meter fünfundfünfzig große Frau. Grant nannte sie die Zwergin, um sich dafür zu rächen, dass dieses Meissener Porzellanfigürchen ihn herumkommandierte; mit einer Hand hätte er das Ding hochheben können. Allerdings hätte er dazu auf beiden Beinen stehen müssen. Nicht nur, dass sie ihm vorschrieb, was er zu tun und zu lassen habe; sie behandelte seine ein Meter achtzig auch mit einer Gleichgültigkeit, die Grant als demütigend empfand. Größenordnungen schienen der Zwergin nichts zu bedeuten. Sie schleuderte die Matratzen mit der geistesabwesenden Grazie eines Fließbandarbeiters. Wenn sie dienstfrei hatte, wurde er von der Amazone versorgt, einer Göttin mit Armen wie Buchenstämme. Die Amazone hieß Schwester Darroll, stammte aus Gloucestershire und bekam Heimweh, wenn die Narzissen blühten. (Die Zwergin stammte aus Lytham St Anne's und hatte mit solchem Narzissen-Blödsinn nichts am Hut.) Schwester Darroll hatte große, sanfte Hände und große, sanfte Kuhaugen mit einem stets teilnahmsvollen Blick, musste aber bei der geringsten körperlichen Anstrengung schnaufen wie eine Dampfwalze. Im Großen und Ganzen empfand Grant es als noch demütigender, wie ein totes Gewicht behandelt zu werden, als gar kein Gewicht zu haben.

Grant war bettlägerig und unter der Aufsicht der Zwergin und der Amazone, weil er durch eine Falltür gestürzt war. Das war natürlich der Gipfel der Demütigung; das Geschnaufe der Amazone und das mühelose Herumbugsieren der Zwergin waren daneben reine Lappalien. Durch eine Falltür zu stürzen war die Höhe der Lächerlichkeit: ein Stummfilmgag, ebenso trivial wie grotesk. Als er da vom Erdboden verschwand, war Grant gerade Benny Skoll auf den Fersen gewesen, und die Tatsache, dass Ben an der nächsten Ecke Sergeant Williams in die Arme gelaufen war, bildete den einzigen kleinen Trost dieses unerträglichen Vorfalls.

Benny war jetzt für drei Jahre »versorgt«, was für seine Umwelt sehr zufriedenstellend war. Aber Benny würde man bei guter Führung einen Teil seiner Strafe erlassen. In Krankenhäusern dagegen war Haftverkürzung selbst bei guter Führung ausgeschlossen.

Grant wandte den Blick von der Decke ab und ließ ihn über den Bücherstapel auf dem Nachttisch gleiten. Da lag der fröhliche teure Haufen, auf den die Zwergin seine Aufmerksamkeit gelenkt hatte. Der oberste Band mit der hübschen Ansicht von Valetta in unwahrscheinlichem Rosa war Lavinia Fitchs alljährlicher Bericht über die Leiden einer makellosen Heldin. Der Abbildung des Grand Harbour auf de