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Endzeit

2. Akt, Kapitel 1 | S. Mayer

E-Book (EPUB)
2021 Epubli
Auflage: 11. Aufl.
229 Seiten; ab 1 Jahre
ISBN: 978-3-7541-4010-9

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€ 7,49

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Kurztext / Annotation
Um sein Leben wieder zu ordnen, sich und vor allem die Menschen, die ihm nahestehen, sicher zu wissen, begibt sich Jonas durch Laoris Himmlische Pforte in eine ungewisse, urtümliche Welt - Eden. Hier erschweren neue Bekanntschaften und Rätsel den Durchblick ebenso wie die Spuren der jüngsten Vergangenheit. Zudem rückt der Krieg unaufhaltsam näher, stellt Ansichten und Fähigkeiten zwangsweise auf die Probe. Jonas erkennt einen Teil von Gottes wahrem Gesicht, und eine tiefe, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart wurzelnde, Wunde reißt auf. Lässt er sich von Jevoh und der Wahrheit beherrschen, oder findet er zum Mut zurück - und beginnt wohl oder übel, das Spiel seines Lebens zu spielen? Der zweite Band einer fantastischen Geschichte, deren zahlreiche Aspekte an einigen gängigen Vorstellungen rütteln. Zuerst ist sie nichts Neues: Die Apokalypse droht, und ein Auserwählter soll das verhindern, zusammen mit einer mysteriösen Schönheit und jeder Menge Glanz und Glorie. Doch so manches passt nicht in diese Schublade und entpuppt sich als alles andere als strahlend. Die Ecken und Kanten des vermeintlichen Helden machen die Dinge unvorhersehbar. Der Bösewicht entblößt sich als sein eigenes Gegenteil und birgt Geheimnisse, die schwer zu erfassen und zu ertragen sind. Und die Liebesgeschichte verspricht kein sicheres Happily ever after, sondern droht eher zu zerfallen und hinterlässt tiefe Narben. Schicksal und Selbstbestimmung, Moral und Vernunft, Selbstlosigkeit und Pflicht, Liebe und Außenseitertum, Krieg und Freiheit, Freundschaft und Narzissmus, Gemeinwohl und Prinzip, Intrige und Wahrhaftigkeit, Hass und Selbstfindung - das sind die Elemente, aus denen sich dieser fesselnde Roman zusammensetzt.

Meine Geschichte soll für sich selbst sprechen.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Herr, der allmächtige

 

Natürlich hielt er sich nicht an Suzanns Anordnung und schob bereits wenige Minuten später die Beine aus dem Bett, um vorsichtig aufzustehen. Es zog und spannte gemein in seinem Bauch, die Schmerzmittel aus dem Krankenhaus ließen eindeutig nach, und ein paar Sekunden war er versucht, zumindest am Inhalt der Fläschchen zu schnuppern, entschied sich jedoch dagegen. Er hatte keine Wissenschaftlernase, dass er zweifelsfrei erschnüffeln könnte, was sich darin befand, und unvernünftiger Stolz oder auch Trotz hielten ihn von vornherein davon ab. Suzanns Fehleinschätzung, dass er ein bisschen Schmerz nicht aushalten konnte und unmittelbar in blindem Vertrauen nach Linderung lechzte, ärgerte ihn doch mehr, als er dachte.

Er entdeckte einen kleinen Schemel auf der anderen Seite des Tisches und Yûs Kapuzenpullover darauf. Übertrieben hastig griff er danach und nahm ihn an sich, als wäre er ihm das Liebste und Wertvollste auf der Welt, das er zudem niemals freiwillig aus der Hand geben würde.

Irgendwie unsicher sah er sich noch einmal im Raum um und streifte das Kleidungsstück dann über, umarmte sich einen Moment selbst. Er war weit davon entfernt, Angst zu haben, aber sein gesunder Einzelgängerverstand schaltete eine Stufe höher und ließ ihn bewusst auf der Hut sein. Er war hier vollkommen fremd, befand sich nicht einmal mehr auf der Erde oder in der gleichen Dimension, und Suzann hatte sich teilweise doch recht suspekt verhalten. Der Sweater machte keinen Unterschied in puncto Sicherheit, aber er fühlte sich viel wohler, nicht fast nackt herumspazieren zu müssen - und die Tatsache, dass er Yû gehörte, ließ ihn sich einbilden, dass er sich nur für die Dauer von Stunden von seinem Freund getrennt hatte.  

Er wandte sich dem Wanddurchlass zu und ging langsam darauf zu, hielt die Hand behutsam über der Wunde. Die Kühle des Kräuterbreis wirkte zwar dem Wühlen der Verletzung entgegen, ließ aber gleichzeitig den allmählich zurückkehrenden Schmerz sehr klar und scharf auftreten.

Aufmerksam besah er sich den Gang, auf den er hinaustrat und der in beide Richtungen kein erkennbares Ende besaß. Direkt gegenüber befanden sich zwei oder drei offene, von Säulen eingeteilte Flächen, die schließlich von glatten, hohen Wänden abgegrenzt wurden und vollkommen leer waren. Es herrschte strahlender Sonnenschein und war bis auf das Vogelzwitschern, von dem er beim besten Willen nicht feststellen konnte, woher es kam, vollkommen still.

Jonas entschied sich für links, wohin auch Suzann sich gewandt hatte, und ging den Gang entlang, um die nächste halbe Stunde, oder noch länger, aus dem Staunen kaum noch herauszukommen. Suzanns Bezeichnung Palast war mehr als zutreffend, allein die Weitläufigkeit und die teils gigantischen Ausmaße der einzelnen Bereiche ließen überhaupt keine andere Klassifizierung zu. Die ersten paar Minuten kam er sich zwar vor, als wandelte er durch die Ausgeburt des größenwahnsinnigsten Architekten, den die Welt je gesehen hatte und jemals sehen würde, aber dann begann es, ihm irgendwie zu gefallen, und er war schlicht überwältigt, fast schon begeistert. So viel Platz war einfach... In seinen kühnsten Träumen hätte er sich diese räumliche Unbefangenheit innerhalb eines Gebäudes nicht vorstellen können.  

Es war jedoch nicht nur die scheinbar haltlos ausgereizte Größe, sondern auch die Architektur selbst, die ihn in ihren Bann schlug und völlig vergessen ließ, darauf zu achten, wo er wohin abbog und in welche Richtung er sich im Ganzen bewegte. Er verstand nicht viel davon, aber seine Allgemeinbildung ließ ihn doch erkennen, dass verschiedene Epochen der Weltgeschichte, sogar der Kulturen, und deren Baustile vertreten waren, um nicht zu sagen: sie waren wild zusammengewürfelt.