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Macbeth MelaniaOverlay E-Book Reader

Macbeth Melania

Katharina Tiwald

E-Book (EPUB)
2020 Milena Verlag
Auflage: 2. Auflage
144 Seiten
ISBN: 978-3-903184-63-3

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Kurztext / Annotation
Katharina Tiwalds temporeiches Romandebüt erzählt von Theater, von Politik, und von den Akteurinnen und Regisseuren, die beide Welten bestimmen. Hellwach und beschwingt geht es um viel, geht es um alles, mit diesen Lettern, die die Welt bedeuten.

2017, als gerade der Wahlkampf in Österreich tobt, verlässt Mike Knutkovsky, ein krisengebeutelter deutscher PR-Berater, wegen einer Mini-#MeToo-Affäre Deutschland und heuert bei der SPÖ an. Er bekommt den Auftrag, aus einer alten Eisenhandlung ein Bezirkstheater zu zaubern und landet schlussendlich bei der Autorin Tiwald, die ihm vorschlägt, aus Macbeth per Überschreibung ein Trump-Stück zu machen. Aus Melania wird Lady Macbeth, am Schluss spielt Reinhold Mitterlehner König Duncan, und Fatima, der neue Star, hüpft als Melania Trump im Fatsuit über die Bühne. Dazu: Tal Silberstein, Fokusgruppen, ein gewisser Sebastian und entzückende NMS-SchülerInnen, die aus dem echten Leben der Autorin stammen.

Sprachlich souverän führt uns Katharina Tiwald durch ein Universum voller Anspielungen, sogar die slowenische Heimatstadt von Melania Trump samt Führung an die Stätten des früheren Lebens der First Lady dürfen wir mit ihr erleben ... ein schräger, lustvoller Roman über unsere Gegenwart.

Geb. 1979, studierte Sprachwissenschaft und Russisch in Wien, St. Petersburg und Glasgow. 2005 erschien ihr Erzählband Schnitte - Portraits - Fremde. 2006 war mit Dorf.Interrupted ihre erste Theaterarbeit zu sehen. Seitdem sind mehrere Bücher und Theaterstücke entstanden, zuletzt schrieb sie das Stück Caruso. I did it my Wegas für den Sänger und Songcontest-Teilnehmer Tony Wegas.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

IWIEN, NUR DU ALLEIN

IN SEINEM KÖRPER VEREINTE Michael Knutkovsky das alte Ostpreußen, aus dem die Weltgeschichte und somit mehrere irre Männer inzwischen Kaliningrad gemacht hatten, und Wiener Blut, das auch einmal einen Stammbaum gehabt hatte und in einer Vorzeit, die noch nicht besonders grau war, dem Führer nach Berlin gefolgt war. Knutkovsky hätte gerade dort, in Berlin, dem buntesten Hund Europas, selbstverständlich auch das »von« im Namen führen können, verzichtete aber darauf und ließ sich »Mike« nennen; er fand, dass das würdige Tragen von Polohemden mit Krokodilchen drauf und der ab und zu notwendige Griff zur Krawatte genügten, obwohl die Welt ja immer lockerer wurde und Mike mit ihr. Dass er wusste, wann Hemd und Krawatte angesagt waren und wann man sich erlauben konnte, offenen Kragen zu tragen, wann Polo: das war sein Adel. Und obwohl er in einer Branche arbeitete, in der die Krokodile nicht nur nett am Leibchen hingen, machte er meistens sein Wahlkreuz bei der SPD, ganz wider jegliche Küchensoziologie.

So. Und dann war ihm das passiert.

Er war (zumindest seinem Gefühl nach) aus Deutschland rausgeschmissen worden, nachdem sich eine gewisse Simone, die einen leichten Unterbiss - an Keira Knightley hatte sie ihn erinnert, aber so schön war selbst die nicht, bei genauerer Betrachtung -, nachdem sich also Praktikantin Simone - so viel Schneid hätte er sich gewünscht mit Anfang zwanzig - bei der Geschäftsleitung eines marktführenden Businessberatungskonzerns über seine, Mikes, »Übergriffe« beschwert hatte: Seitdem hingen die Worte »Unterbiss« und »Übergriff« in seinem Kopf zusammen wie in der Hölle Pech und Schwefel. Dabei hatte er diese Simone hofiert, sanft mit ihr geschäkert, ihr die Türen aufgehalten, sie zum Essen eingeladen und schließlich ins Kino, wo er sich daran erinnert hatte, dass er keine fünfzehn mehr war und Simone nicht vierzig; er hatte ihre hinter der Popcorntüte höflich verborgene Langeweile gespürt (warum schleppt man auch eine Fünfundzwanzigjährige mit Bachelor in Gender Studies und Politikwissenschaft in ein Superhelden-Abenteuer?) Es war ihm nichts anderes übrig geblieben, als die Peinlichkeit mit einem aktiveren Vorstoß in zwischenmenschliche Gefilde zu übertünchen, er wollte ja nicht als Loser dastehen, und dann hatte er den Salat gehabt. »Knutschkovsky« hatten sie ihn genannt, überall in Deutschland, wo er Fuß zu fassen versuchte. Die Branche kannte ihn, leider.

»Knutschkovsky, sei mir nicht böse, aber die Sache hat zu viel Staub aufgewirbelt. In einem Jahr vielleicht ...«

Jetzt war er eben in Wien, wo deutsche Zeitungen nicht einmal online gelesen wurden; Tante Betti, eine Tochter der einzigen Person aus dem Clan, die während der Hitlerei standhaft geblieben (und aus Mauthausen zurückgekommen) war, hatte hilflos die Hände gehoben, gesagt, dass sie die jungen Frauen auch nicht mehr verstehe, und ihm einen Job bei der SPÖ vermittelt.

Als er das Universum aufsperrte, stieg ihm wie immer der Geruch in die Nase, der aus dem letzten Jahrhundert aufzusteigen schien, eine Mischung aus Altmetall, Staub und - natürlich - Kapuzinergruft. Was klar war: Das ist nun mal der Duft einer ehemaligen Eisenwarenhandlung, die das Inhaberpärchen (InhaberInnenpärchen) bei der Pensionierung mulmig in die Zukunft, ins aktuelle Jahrtausend entlassen hat. Wissend, dass der Einzelhandel keine Chance mehr hat. Dass große, alte Verkaufslokale in Erdgeschoßen dazu verdammt sind, Sportwettlokale zu werden oder zu verrotten. Nicht mit mir, hatte die Bezirksvorsteherin gesagt und einem in Österreich noch nicht abgehalfterten Communication expert aus Deutschland den Raum als zu gestaltenden Theaterraum angeboten/umgehängt; »a bissl a Förderung«, hatte sie gesagt, werde sie schon aufstellen ... sie war eine Du-Freundin von Tante Betti. Immerhin war Mike Knutkovsky dezidiert zur I