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Hannahs LiedOverlay E-Book Reader

Hannahs Lied

Roman | Maren Uthaug

E-Book (EPUB)
2021 Btb
336 Seiten
ISBN: 978-3-641-23425-6

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Kurztext / Annotation
Für alle LeserInnen von Claudie Gallays »Brandungswelle«.
Ein Leuchtturm vor der Küste Norwegens - wir schreiben die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Um seine Familie vor dem finanziellen Ruin zu retten, muss Johan Marie heiraten, obwohl er Hannah liebt. Sie lassen sich auf dem Leuchtturm von Kjeungskjær nieder, Norwegens einzigem achteckigen Leuchtturm. Dort, vor der felsigen Küste im Nordatlantik, stürmt es so sehr, dass die Wellen manchmal bis zur Dachspitze reichen. Da oben sitzt Johan und fühlt sich vom Leben betrogen. Doch im Laufe der Geschichte wird es immer fraglicher, wer wen wirklich täuscht...

Maren Uthaug wurde 1972 als Tochter einer norwegischen Mutter und eines samischen Vaters geboren und wuchs in Dänemark auf. Sie arbeitet als Graphikerin und gewann 2013 den Cartoon-Wettbewerb der großen dänischen Tageszeitung Politiken. Sie hat drei Töchter. Ihren Blog gibt es auch auf Englisch.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Johan fand es noch immer verwunderlich, wenn er auf dem Leuchtturm stand und aufs Festland blickte. Seine ganze Kindheit hatte er an Land gestanden und aufs Meer geblickt. Und von dem Leben geträumt, das kommen würde. Natürlich kannte er den Leuchtturm und all die Geschichten von denen, die hier draußen gelebt hatten, aber nie hätte er sich vorstellen können, eines Tages derjenige zu sein, der auf der Schäre stand und aufs Land blickte.

Er hatte davon geträumt, hinaus in die Welt zu reisen, fremden Boden unter den Füßen zu spüren und mit Smaragden und seltenen Gewürzen nach Hause zu kommen. Er gestattete sich diese kindlichen Träume, weil er immer gewusst hatte, dass er den Hof seines Vaters übernehmen würde. Nicht dass es ein großer Hof war, aber er reichte, um eine Familie zu ernähren. Die Felder gehörten zum fruchtbaren Land von Ørland und zum besten von Uthaug - sie waren ebenso gut wie die Äcker des Fetten. Das Korn wuchs hoch, und die Ernte fiel in der Regel gut aus. Er wusste, dass er wie sein Vater das Korn im Frühjahr säen und im Herbst ernten würde. Er würde die Kühe kalben sehen, die Kälber aufziehen und die schlachten, die geschlachtet werden sollten. Als Junge hatte er geweint, wenn der Schlachter kam. Sein Vater war böse geworden und hatte gesagt, er solle sich zusammenreißen und nicht heulen wie ein Mädchen. Er war dann zu seiner Mutter gelaufen, die immer bereit war, ihn zu trösten.

Eines Abends, als sie glaubten, er schliefe, hörte er seinen Vater sagen, der Junge sei zu empfindlich, um Bauer zu werden, er hänge zu sehr an den Tieren. Er hörte den Verdruss in der Stimme seines Vaters. Seine Mutter verteidigte ihn. Meinte, dass er noch ein paar Jahre auf dem Buckel brauche, dass die Zeit ihn schon abhärten würde. Als der Vater in den Stall ging, weinte die Mutter. Johan beschloss, sich zusammenzureißen.

Als die Weihnachtszeit kam und die Tiere geschlachtet werden sollten, wollte er dabei sein, egal, was geschah oder wie er sich dabei fühlte. Es war schon spät. Der Schlachter hatte seit den Morgenstunden viel zu tun gehabt. Und der Schnaps, den er auf jedem Hof als Dank für seine Arbeit bekam, hatte seinen Blick unstet und den Vorschlaghammer in seiner Hand schwer werden lassen.

Johan stand wie versteinert da und sah zu, wie der Schlachter zwei Kälber malträtierte, deren Geburt er erlebt, mit denen er gespielt und die er getröstet hatte, wenn sie nach ihrer Mutter muhten. Der Schlachter traf das eine Kalb über dem Auge. Hart genug, um ihm das Auge auszuschlagen, aber nicht hart genug, um es zu töten. Beim dritten Versuch verlor er das Gleichgewicht, der Vorschlaghammer traf Johan an der Schulter. Endlich gelang es dem Schlachter, das Kalb an der Stirn zu treffen, sodass die Beine des Tiers einknickten. Er zog das Messer heraus und schnitt ihm die Kehle durch.

»So, nun aber«, schnaufte er.

Johan trat ein paar Schritte zurück und stolperte über den Eimer, in dem der Schlachter das Blut auffing.

»Bring mir den Eimer!«, brüllte der, dass ihm der Schaum vor dem Mund stand. »Beeil dich, Junge!« Johan rannte davon, er hörte seinen Vater hinter sich fluchen. Er weinte erst, als er hinter dem Stroh in Sicherheit war, und er ging erst wieder ins Haus, als man nicht mehr sehen konnte, dass seine Augen feucht gewesen waren.

Ein halbes Jahr später, als es wieder an der Zeit war zu schlachten, legte der Vater den Strick in Johans Hand. Schweren Herzens zog Johan mit dem Kalb davon, und obwohl er sicher war, dass der Vater bemerkte, wie seine Unterlippe bebte, lobte ihn sein Vater hinterher, er hätte es gut gemacht.

»Das Leben ist nicht immer angenehm, aber wir müssen das tun, was notwendig ist, um selbst zu überleben«, erklärte er und schlug Johan auf die Schulter.

Als Vierzehnjähriger zog Johan allein mit den Kälbern los. Wie sein Vater blieb er mitten auf dem Hofplatz stehen und winkte der Mutter am Fenster zu. Dac