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Cat Person

Storys | Kristen Roupenian

E-Book (EPUB)
2019 Aufbau Verlag
Auflage: 2. Aufl.
288 Seiten
ISBN: 978-3-8412-1684-7

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Kurztext / Annotation

2,6 Mio. Mal geteilt: »Die meistdiskutierte Story aller Zeiten.« THE GUARDIAN.

Mann und Frau. Mutter und Tochter. Freunde und Freundinnen. In zwölf Stories erkundet Kristen Roupenian das Lebensgefühl von Menschen in einer schönen neuen Welt. Fragile Hierarchien und prekäre Lebenssituationen auf der einen, das Bedürfnis nach Sicherheit und Spaß auf der anderen Seite: Alles ist möglich, aber wer sind wir, wenn wir alles sein können?

Mit so viel Einsicht in die Wünsche und Ängste des Einzelnen hat man noch nicht über das Zusammenleben in dieser neuen Zeit gelesen - einer Zeit, in der alles greifbar ist, und es doch immer schwerer wird, auch nur das Geringste davon zu erreichen.



Kristen Roupenian, Jahrgang 1982, studierte afrikanische Literatur in Harvard und hat als freie Journalistin gearbeitet. Ihre Kurzgeschichte 'Cat Person', im November 2017 im 'New Yorker' veröffentlicht, wurde zur viralen Sensation und gilt als eine der meistgelesenen Stories aller Zeiten. Der Erzählungsband 'Cat Person' ist ihr Debüt und erschien zeitgleich in 23 Ländern. Eine Verfilmung von HBO ist in Vorbereitung.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Look at Your Game, Girl

Im September 1993 war Jessica zwölf Jahre alt - 24 Jahre nach den Manson-Morden, fünf Jahre nachdem Hillel Slovak an einer Überdosis Heroin gestorben war, sieben Monate, bevor sich Kurt Cobain in den Kopf schoss und drei Wochen, bevor ein Mann mit einem Messer Polly Klaas von einer Übernachtungsparty mit Freunden in Petaluma, Kalifornien, entführte.

Jessicas Familie war von San Jose, wo sie das beliebteste Mädchen ihres Jahrgangs, der 6. Klasse, gewesen war, nach Santa Rosa gezogen, wo sie sich unglücklich zwischen verschiedenen Freundeskreisen hin und her bewegte: zwischen ihren beliebten Freunden, die sie nicht sonderlich beachteten; ihren Bandfreunden, die nett waren, aber langweilig; und denjenigen, die sie heimlich die fiesen Freunde nannte, die die faszinierendsten waren, aber auch die gemeinsten, deren Witze sich wie kleine Nägel in die Haut gruben. Mit den fiesen Freunden konnte sie lediglich in kleinen aufregenden Etappen ihre Zeit verbringen, bevor sie sich ganz ausgelaugt und wund fühlte und sich erholen musste in der tröstlichen Gegenwart ihrer Bandfreunde.

Jessicas Familie lebte in einem hellgelben viktorianischen Haus in Lomita Heights, und jeden Tag, wenn sie von ihrem Feldhockey-Training heimkam, schüttete sie ihre Schulhefte über dem Bett aus, füllte ihre Tasche mit ihrem Discman, ihrer schwarzen CD-Mappe und den Büchern, die sie aus der Bibliothek ausgeliehen hatte, sowie einem Apfel und drei Scheiben Käse als Snack. Dann lief sie die drei Blocks von ihrem Haus zum Park, wo die Skateboarder abhingen. Wenn sie den Park erreicht hatte, setzte sie sich ans untere Ende der gewundenen Rutsche und suchte sich ihre Musik und ein Buch aus. Sie besaß 17 CDs, hörte aber nur drei davon: Blood Sugar Sex Magik, Use Your Illusion I und Nevermind. Die Bücher waren meist Taschenbücher mit ganz abgenutztem Buchrücken aus dem Science-Fiction- oder Fantasy-Regal über Jungs, die Superkräfte entwickelten.

Die Skateboarder im Park waren älter als sie, 13 oder vielleicht 14, sie unterhielten sich laut und fuhren mit ihren Skateboards die Betonbrüstung hinab, was ein schreckliches Kratzgeräusch machte. Manchmal hoben sie ihre T-Shirts an, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen, und entblößten dabei ihre flachen, braun gebrannten Bäuche. Und immer mal wieder blieb einer der Jungs mit seinem Skateboard hängen, landete auf Knien und Händen und hinterließ vier leuchtend rote Streifen Blut auf dem Boden. Keiner von ihnen sprach jemals mit ihr. Jessica sah ihnen etwa eine Stunde lang zu, hörte ihre Musik, tat so, als würde sie ihr Buch lesen, und ging dann heim.

Das erste Mal, als sie ihn sah, war sie gerade dabei, eine neue Guns-N'-Roses-CD zu öffnen. Sie hatte ihre Fingernägel an der Zellophanfolie entlangstreifen lassen und wollte sie gerade mit den Zähnen aufreißen, als sie ihn dabei erwischte, wie er sie von der anderen Seite des Spielplatzes beobachtete. Sie dachte, er wäre einer von den Skateboardern. Er war etwa so groß wie sie, von derselben schlaksigen Statur, aber seine Haare waren länger, gingen bis über die Schultern, und als er zur Seite trat, so dass er nicht mehr in der gleißenden Spätnachmittagssonne stand, erkannte sie, dass er mindestens um die zwanzig war - ein junger, aber erwachsener Mann. Als er bemerkte, dass sie ihn ansah, winkte er ihr zu, richtete seinen Daumen und seine Finger wie eine Waffe auf sie und feuerte ab.

Drei Tage später hörte sie gerade ihr neues Album, als derselbe Mann aus dem Nichts auf sie zukam und sich neben sie setzte, mit übereinandergeschlagenen Beinen auf den Kies vor ihrer Rutsche. »Hey, Mädchen«, sagte er. »Was hörst du da?«

Sie war zu überrascht, um mit ihm zu sprechen, also öffnete sie ihren CD-Player und zeigte ihm die CD.

»Oh, ja klar, du magst ihn?«

Er hätte