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Vom Zauber der KindheitOverlay E-Book Reader

Vom Zauber der Kindheit

Großmütter erzählen | Roswitha Gruber

E-Book (EPUB)
2015 Rosenheimer Verlagshaus
256 Seiten
ISBN: 978-3-475-54371-5

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Kurztext / Annotation
Kindheit und Jugend früher - wie erging es den Großmüttern von heute? Roswitha Gruber schildert anschaulich das Leben 'in der guten alten Zeit, das natürlich auch nicht immer frei von Sorgen und Nöten war. Viel harte Arbeit gab es auf dem Land, Kriegs- und Nachkriegsnöte galt es zu überstehen.' Daneben erzählen die Geschichten von Kinderstreichen, von lustigen und traurigen Begebenheiten, Glücks- und Unglücksfällen, der Suche nach einem passenden Beruf oder der großen Liebe. Roswitha Gruber widmet sich der Schilderung starker Frauen mit außergewöhnlichen Lebensgeschichten. Für jeden ihrer Romane recherchiert sie dafür ausführlich und nähert sich in langen, intensiven Gesprächen dem Schicksal ihrer Protagonistinnen an. Roswitha Gruber lebt und arbeitet in Reit im Winkl.

Die in Trier geborene Roswitha Gruber hat in den letzten Jahren mehr als 37 Bücher veröffentlicht, die ausnahmslos Bestseller geworden sind. Durch ihr großes Einfühlungsvermögen gewinnt sie schnell das Vertrauen ihrer Mitmenschen und schafft es, dass diese ihr vorbehaltlos ihre Schicksale schildern. Diese bringt sie dann in ihrer unnachahmlichen Art zu Papier. Roswitha Gruber widmet sich vor allem den Lebensgeschichten starker Frauen vom Land.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Vaters Liebling

Katharina, Jahrgang 1932, aus Mommenheim/Rheinhessen


Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, fällt mir auf, dass meine frühesten Erinnerungen mit meinem Vater zu tun haben. Meine Mutter trat erst in Erscheinung, als ich schon nicht mehr ganz so klein war. Das liegt sicher nicht nur daran, dass sie als Näherin viel außer Haus gearbeitet hat, denn auch mein Vater war als Vollzeitlandwirt nicht immer zu Hause. Wahrscheinlich ist der Grund dafür eher darin zu suchen, dass meine Mutter mit mir nicht viel anzufangen wusste.

Bestimmt hatte auch sie ihre guten Seiten, aber es war nicht gerade das, wonach ein kleines Kind sich sehnt. Mein Vater war da einfühlsamer, und er liebte mich wirklich, während ich bei meiner Mutter eher den Eindruck hatte, dass sie mich ablehnte. Sie begann sich erst für meine Person zu interessieren, als ich alt genug war, um arbeiten zu können. Das behaupte ich nicht nur, weil ich das als Kind so empfand. Es gibt auch Aussprüche von ihr, die das belegen. Doch davon später.

Im Zusammenhang mit meinem Vater fallen mir eine ganze Reihe von Begebenheiten ein. Obwohl er sich oft mit mir beschäftigte, kam auch bei ihm die Arbeit an erster Stelle, denn davon lebten wir ja schließlich. Aber mein Vater verstand es, die Arbeit spielerisch zu gestalten, und so entstand das bei mir sehr beliebte Spiel »Bohnenmühle«. Jedes Mal, wenn wir Stangenbohnen ausgepalt hatten, »auskiwweln« sagte man bei uns, nahm er ein Blatt Papier und zeichnete ein Mühlespiel auf. Derweil suchte ich aus dem Bohneneimer neun große weiße und neun dunkle Bohnen aus. Damit spielten wir Mühle. Das war seine Art Belohnung für meine Arbeit. Aus meiner Sicht war das jedoch keine wirkliche Arbeit gewesen, sondern nur die Vorbereitung zum Mühlespiel. Eigenartigerweise gewannen wir immer abwechselnd. Ob er da ein bisschen zu meinen Gunsten gemogelt hat?

Auch eine andere Arbeit machte mir der Vater erträglicher - das Abkeimen von Kartoffeln. Da die Keime schädlich für Schweine sind, war es von klein auf meine Aufgabe, diese zu entfernen, bevor die Kartoffeln für die Schweine gekocht wurden. Ich verabscheute das. Deshalb breitete mein Vater eines Tages, bevor er aufs Feld ging, die entsprechende Menge Kartoffeln im Hof aus und erklärte mir: »Es reicht, wenn du die Kartoffeln am Nachmittag kochst. Ich habe sie aber schon in den Hof gekippt, damit die Hühner die Keime abpicken. Dann hast du weniger Arbeit.« Es funktionierte! Ich hatte nicht nur meinen Spaß, wenn sich die Hühner über die braunen Erdknollen hermachten, sondern es ersparte mir tatsächlich das zeitraubende Abkeimen. Ich brauchte nur noch ein wenig nachzuarbeiten. Dann wusch ich die Kartoffeln und warf sie in den großen Kessel.

Nicht nur die Arbeit, auch andere Fertigkeiten brachte mir der Vater »spielend« bei. Von ihm lernte ich zum Beispiel das Schleifenbinden. Dazu befestigte er eine Kordel an einem Wagenrad. Schritt für Schritt machte er mir dann vor, wie man eine Schleife bindet. Während er den Wagen ablud, übte ich so lange mit der Kordel, bis ich ihm voller Stolz berichten konnte: »Ich kann's.« Er war es auch, der mir das Sonnensystem erklärte. Das mag er zwar nicht in den richtigen Größenverhältnissen getan haben, aber er machte es so, dass ich verstand, wer wen umkreist. Als Erde diente ihm das Mehlfass, die Sonne war der Salznapf und der Mond das kleine blau emaillierte Fetttöpfchen. Diese Gefäße baute er auf dem Küchentisch auf und bewegte sie entsprechend umeinander. Viel später, als wir dieses Thema in der Schule durchnahmen, konnte ich mit meinem Wissensvorsprung glänzen.


Außer Äckern für Getreide, Rüben und Kartoffeln gehörten zum elterlichen Besitz auch Weinberge, und nachdem mein Vater herausgefunden hatte, dass ich Traubensaft liebte, füllte er jedes Jahr extra für mich fünfzig Liter ab. Damit er haltbar wurde, musste ich in dem kleinen Dorfladen ein weißes Pulver kaufen, das unter den frisch



Roswitha Gruber lebt und arbeitet in Reit im Winkl und arbeitet in ihrem alten Bauernhof unermüdlich an neuen Buchideen. Bereits als 15-Jährige hat sie ihre ersten schriftstellerischen Versuche zu Papier gebracht. Heute widmet sie sich schwerpunktmäßig der Schilderung starker Frauen mit außergewöhnlichen Lebensgeschichten, die sich enormer Beliebtheit erfreuen.