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Die Abtei der hundert VerbrechenOverlay E-Book Reader

Die Abtei der hundert Verbrechen

Ein Mittelalter-Thriller | Marcello Simoni

E-Book (EPUB)
2017 Emons Verlag
384 Seiten
ISBN: 978-3-96041-273-1

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Kurztext / Annotation
Der zweite Teil der Trilogie um den sagenhaften 'Lapis exilii' von Premio-Bancarella-Preisträger Marcello Simoni: mittelalterlich-üppig, mitreißend, geheimnissvoll.

Italien im Jahr 1347: Ritter Maynard de Rocheblanche versucht, den grausamen Mord an dem Mönch Facio di Malaspina aufzuklären. Musste der Mönch sterben, weil er zu viel über den sagenumwobenen Stein der Verdammung, wusste, von dem es heißt, das Heil der gesamten Welt hänge von ihm ab? Während Maynard am Hof von Ferrara ermittelt, bricht die Pest über Europa herein. Und plötzlich steht das Schicksal der gesamten Menschheit auf dem Spiel...

Marcello Simoni, 1975 in Comacchio in der italienischen Provinz Ferrara geboren, studierte Literatur und arbeitete als Buchhändler und Archäologe. Sein Debütroman 'Der Händler der verfluchten Bücher' wurde über Nacht zum Weltbestseller. Der Mittelalter-Thriller gewann renommierte Literaturpreise und belegte Spitzenplätze
in den Bestsellerlisten.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1

Ferrara, Kontrade Gusmaria

25. April

Er saß in einer Ecke des Raumes am einzigen Tisch. Die langen Arme hingen schlaff herab, der Kopf war nach vorn geneigt, das Kinn ruhte auf der Tischfläche. Aus dem Mund hing die Zunge heraus, viel weiter als natürlich. Sie war gewaltsam herausgezerrt und dann mit einem Dolch an der Holzplatte festgenagelt worden.

Maynard de Rocheblanche verfluchte stumm die Unwägbarkeiten des Schicksals und näherte sich dem Toten, um ihn im Licht seiner Fackel zu untersuchen. Nicht der makabre Anblick verstörte ihn, ihn reute vielmehr, dass er zu spät gekommen war. Der Mönch, der nun in sich zusammengesunken an dem Tisch lag, hatte ein schreckliches Geheimnis bewahrt. Nun konnte er ihm nichts mehr enthüllen, außer dass er qualvoll gestorben war.

Maynard bekreuzigte sich und berührte kurz die Dolchklinge, die er unter seinem Mönchsgewand verbarg. Wenn er etwas begreifen wollte, musste er weiter auf der Hut sein.

Auf dem Tisch hatte er zunächst nur das frische Blut gesehen, das als rotes Rinnsal auf den Boden tropfte. Doch bei näherem Hinsehen entdeckte er Worte, die ins Holz eingeschnitten worden waren. Wohl mit demselben Dolch, mit dem man Facios Lügenzunge durchbohrt hatte, als wollte man sich über denjenigen lustig machen, der nun in den Flammen der Hölle schmorte. Oder über den, der gerade seinen Blick auf die Inschrift richtete:

MONACHVS SVPERBVS

Worte, die in die Irre führen konnten, ahnte er. Hier ging es weniger um die fragwürdige Ehrbarkeit des Verstorbenen als um die Umstände seines Todes. Vermutlich handelte es sich dabei keineswegs um eine Bestrafung aus moralischer Empörung. Facio war mit voller Absicht in diese verlassene Taverne gelockt und dort vor seinem Tod gefoltert worden. Wer auch immer das getan hatte, wollte etwas von ihm erfahren.

Das plötzliche Geräusch von Schritten ließ Maynard herumfahren. Wachsam richtete er den Blick auf den Eingang, wo er eine halb verborgene Gestalt ausmachte.

"Wer da?", fragte er.

Doch anstatt zu antworten, wich der Beobachter zurück und ergriff die Flucht.

Maynard setzte ihm nach und folgte ihm wie ein Spürhund durch die Dunkelheit. Mit wenigen Schritten war er draußen, in einem Labyrinth von Gassen, das sich nach Norden zog. Er bedauerte kurz, dass er nicht zu Pferde gekommen war, aber dann sagte er sich, dass man das Straßengewirr von Ferrara leichter zu Fuß durchquerte, zumal in einer schwarzen Kutte, die ihn unauffällig wirken ließ. Verstohlen wie ein Dieb. Bei diesem Gedanken schämte er sich beinahe, schließlich war er es nicht gewohnt, anderen aufzulauern. Er war ein Ritter aus Reims und dazu erzogen, seinem Feind nach den Regeln der Ehre zu begegnen. Nein, das war er früher gewesen. Dieser Ritter existierte nicht mehr. Er war in der Picardie gestorben, in der Schlacht von Crécy. Vielleicht sogar noch früher, beim Anblick seiner Schwester Eudeline, nachdem der Vater sie geschändet hatte.

Das genügte, damit der Zorn ihn übermannte und der Jagdinstinkt in ihm die Führung übernahm.

Der Mann, der vor ihm flüchtete, war schnell und drohte in dem Labyrinth der Gassen zwischen den Kirchen Santa Croce, San Niccolò und Ognissanti zu verschwinden. Maynard versuchte, ihm auf den Fersen zu bleiben, bevor er sich in irgendeinen geheimen Schlupfwinkel zurückzog. Ferrara kannte er kaum. Wenn er den Mann aus den Augen verlor, würde er ihn wohl niemals wiederfinden.

Doch plötzlich konnte er ihn nicht mehr entdecken. Maynard ging zurück zu der Stelle, an der er ihn zuletzt gesehen hatte, hob die Fackel und flehte zum Herrn, er möge die undurchdringlichen Wolken wegschieben, die den Mond verhüllten. Wenn es nur nicht so dunkel gewesen wäre ... Er sah sich um und holte keuchend Luft. Seine Lungen rasselten, ihn beschwerten tausend Gedanken. Enttäuschung, der Überdruss eines Mannes, der es leid

Marcello Simoni, 1975 in Comacchio in der italienischen Provinz Ferrara geboren, studierte Literatur und arbeitete als Buchhändler und Archäologe.