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Rezensionen

Nikola Tesla
 

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Spannende und dichte Biographie

Instinkt als etwas, was das Wissen übersteigt, feine Fasern, die es uns ermöglichen, die Wahrheit zu erkennen, wenn logische Schlüsse oder irgendeine andere geistige Auseinandersetzung vergeblich sind - darauf verlässt sich Nikolo Tesla, wenn er sich bei seinen Überlegungen zur Elektrizität dem wissenschaftlichen Mainstream widersetzt.

Während die Mehrzahl der Forscher Ende des 19.Jahrhunderts auf Gleichstromtechnik setzt, ist der junge serbische Student der Physik und Ingeneurwissenschaft davon überzeugt, dass die Zukunft in der Wechselstromtechnologie liegt. Ein äußerst unpopulärer Gedanke, der zunächst bei Fachkollegen, allen voran dem bereits renommierten Thomas Edison, auf wenig Resonanz stößt. Tesla jedoch verlässt sich auf das, was er von Kindheit an gut kennt: seine visionären Vorstellungen, die ihn einst geplagt und geängstigt haben, die er aber bald zu kontrollieren gelernt hat und nun dazu benutzt, bewußt bildhafte Vorstellungen zu generieren. Er hat ein unerschütterliches Selbstvertrauen in die Kraft seiner inneren Bilder und Gedanken entwickelt, mit der er nun seine Ideen potentiellen Förderern präsentiert.

Bernard Carlson, Technologiehistoriker und Professor an der Universität von Virginia, zeichnet in seiner Biographie über Nikola Tesla, der vor allem als Erfinder des Wechselstrommotors und Pioniers auf dem Gebiet der elektromagnetischen Wellen zu Berühmtheit gelangt ist, ein überaus detail- und facettenreiches Bild. Teslas Erfindungen, Patente und theoretische Schriften waren Grundlage für die moderne Wechselstrom-Technologie und trugen wesentlich zur Entwicklung von Radio und Fernsehen bei. Sein kometenhafter Aufstieg zu höchsten wissenschaftlichen Ehren, der gelebte amerikanische Traum, wie auch der tiefe Fall, waren zu allen Zeiten Stoff für die Sensationspresse.

Der Autor versucht in seinen Darstellungen einen Mittelweg zu finden zwischen unreflektiertem Geniekult und unfairer Kritik am Scheitern des Erfinders. Er legt dabei den Schwerpukt auf die Erfindungen und den jeweiligen ökonomisch-gesellschaftlichen Kontext, in dem technische Entwicklungen erfolgreich vorangetrieben werden konnten oder auch gebremst und verhindert wurden.
Carlson lässt über weite Strecken den Visionär Tesla selbst zu Wort kommen, der am Zenit seines Schaffens 1894 eine Autobiographie vorgelegt hat. Allzu oft war Tesla, aufgrund seines schillernden Lebens und seiner Art der Selbstvermarktung Projektionsfläche für Stereotypien, wie ein genialer Erfinder zu sein hat: exzentrisch und auf jeden Fall leichtlebig.

Liest man Teslas Betrachtungen und vergleicht sie mit Berichten von Zeitgenossen, so entsteht hingegen das Bild eines äußerst konzentrierten, ernsthaften, liebenswürdigen, scharfsinnigen und humorvollen Menschen mit Hang zur Exzessivität , was seine Arbeit betraf. Wie „unter Strom“ hat er immer wieder über längere Zeitperioden bis zur totalen Erschöpfung gearbeitet, um sich dann mithilfe einer selbstverabreichten Stromtherapie wieder aufzuladen. Zwar war er scheu, konnte aber, wenn er über seine Arbeit sprach, den Funken der Begeisterung für seine Sache überspringen lassen. Und so war das Publikum bei seinen Vorträgen und Demonstrationen fasziniert von den magischen Lichteffekten und den Versuchen sich selbst unter Strom zu setzen und auf diese Weise quasi als Lichtgestalt zu erscheinen. Tesla hatte gelernt, dass er, wollte er Geldgeber für seine Forschungsprojekte lukrieren, zu anschaulichen und drastischeren Mitteln greifen musste.

Bernard Carlson ist es mit seiner spannenden und dichten Biographie über Nikolo Tesla gelungen, die Persönlichkeit des Erfinders in einem klareren Licht erscheinen zu lassen und vor allem auch dessen schöpferisches Werk entsprechend zu würdigen.