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Tod im StaubOverlay E-Book Reader

Tod im Staub

Roman | Brian W. Aldiss

E-Book (EPUB)
2020 Heyne
ISBN: 978-3-641-25654-8

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Kurztext / Annotation
Die Erde in der nahen Zukunft ist zu einer Albtraumwelt geworden: Ausgelaugt und abgewirtschaftet, von Insektiziden und Pestiziden vergiftet, bietet sie der sich explosionsartig vermehrenden Weltbevölkerung keinen Lebensraum mehr. Die meisten ihrer über zwanzig Milliarden Bewohner sind unterernährt und von Krankheiten gezeichnet. Allmächtige Farmer geben den Ton an. Die afrikanischen Länder - einst Spielball fremder Wirtschafts- und Konzerninteressen - treiben nun selbst Großmachtpolitik reinsten Wassers, während die früheren Industrienationen auf den Status von Entwicklungsländern herabgesunken und ihren Rohstofflieferanten auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. Kurzum: Die Erde ist eine Welt geworden, deren Bewohner sich fragen müssen, ob ein Ende mit Schrecken nicht besser ist als ein Schrecken ohne Ende ...

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1

 

Der Tote trieb im Wind dahin. Er stolzierte aufrecht auf den Hinterbeinen wie eine dressierte Ziege, genauso wie er es im Leben getan hatte, ganz korrekt, und war weiter außerhalb des Bannkreises von Ideologie, Nationalität, Mühsal und Inspiration, als er es jemals im Leben gewesen war. Ein paar dicke Schmeißfliegen waren bei ihm geblieben, obwohl er schon weit vom Festland entfernt war und über den ruhig wogenden Südatlantik dahinwanderte. Ab und zu wurde die quastenverzierte Borte seiner weißen Seidenhose vom Gischt der Wellen übersprüht.

Er kam von Afrika her und bewegte sich stetig auf mich zu.

Zu den Toten habe ich ein gutes Verhältnis. Weil es unter der Erde keinen Platz mehr für sie gibt, wie es früher der Brauch gewesen war, bewahre ich einige in meinem Gedächtnis auf. Da sind Mercator und der alte Thunderpeck und Jess, der außerhalb meines Schädels als tapfere Legende weiterlebt, und dann natürlich mein lieber March Jordill. In diesem Buch werde ich sie noch einmal begraben.

An dem Tag, als dieser neue Tote kam, ging es mir gar nicht gut. Mein Schiff, die Trieste Star, näherte sich ihrem Ziel an der afrikanischen Skelettküste, aber wie es sooft in den letzten Tagen jener langen Reise geschah, fühlten sich die wenigen menschlichen Mitglieder der Schiffsbesatzung wie in einem zähen Sumpf eingeschlossen, und wir waren ganz damit beschäftigt, uns gegenseitig förmlich zu ersticken - durch Freundschaft und Launen, Krankheit und zu enge Vertrautheit. Oh, es ist schon so lange her, und mir kommt es vor, als ob ich in einem dunklen Keller herumtaste, wenn ich die Erinnerungen zu greifen suche.

In meinen Augen hämmerte es schmerzhaft, mein Blick war verschwommen, der Mund trocken, die Zunge pelzig. Ich verspürte keinerlei Mitgefühl, als der Arzt mir sagte, dass Alan Bator wieder mit seiner Allergie in der Koje läge.

»Ich hab' die Allergie von dem so satt, Doktor«, sagte ich, während ich meinen Kopf auf die Hände stützte. »Warum stopfen Sie ihn nicht einfach mit einem Antihistamin voll und schicken ihn wieder an die Arbeit?«

»Ich habe ihm eine reichliche Dosis gegeben, aber ohne Erfolg. Schauen Sie ihn sich selbst an. Er kann sich nicht mehr auf den Beinen halten.«

»Warum müssen solche Krüppel überhaupt zur See fahren? Sie sagten einmal, dass er vielleicht gegen den Salzgehalt der Luft allergisch sei?«

Dr. Thunderpeck breitete die Hände aus. »Das war meine alte Theorie, aber jetzt denke ich an etwas anderes. Ich habe den ernsthaften Verdacht, dass er vielleicht gegen Antihistamine allergisch ist.«

Langsam und schwerfällig stand ich auf. Ich wollte nichts mehr hören. Der Doktor ist eine seltsame und faszinierende Erscheinung; klein, untersetzt und vierschrötig. Obwohl sein Gesicht sehr großflächig ist, scheint darin kein Platz für die einzelnen Teile zu sein; Augenbrauen, Ohrmuscheln, die Augen mit den schweren Tränensäcken, der Mund, die Nase - insbesondere die riesige Knubbelnase - sind übergroß geraten. Und über die wenigen freien Flächen zieht sich eine chronische Akne, die wie der verwitterte Rest eines Wandreliefs an einer alten Tempelmauer wirkt. Jedenfalls hatte ich im Moment genug von ihm, und zwar für den Rest der Reise. Ich nickte ihm kurz zu und ging nach unten.

Da es sowieso Zeit für die Morgeninspektion war und Thunderpeck sich nie beleidigt fühlte, kam er mir schwerfällig nach.

Seine Schritte waren wie das Echo der meinen, während ich das Fallreep zu den Laderäumen im untersten Deck hinunterstieg. Auf jedem Deck blinkten die Kontrolllampen der Überwachungsanlage, und bevor ich weiterging, fragte ich jedes Mal den Robotaufseher ab. Der alte Thunderpeck folgte mir nach wie ein Hund.

»Eigentlich könnten diese Schiffe völlig geräuschlos arbeiten«, sagte er in einem geistesabwesenden Ton, der vermuten ließ, dass er keine Antwort erwartete. »Aber die Konstrukteure dachten, dass sich eine