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Die dunklen LichtjahreOverlay E-Book Reader

Die dunklen Lichtjahre

Roman | Brian W. Aldiss

E-Book (EPUB)
2020 Heyne
ISBN: 978-3-641-25661-6

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Kurztext / Annotation
Wie werden intelligente Lebewesen von einem anderen Planeten wohl aussehen? Gehen sie, so wie wir Menschen, aufrecht auf zwei Beinen? Oder tragen sie Kleidung? Als die Menschen zum ersten Mal auf die Utod stoßen - rhinozerosähnliche Kolosse mit sechs Beinen und grauer Haut, die sich am liebsten in ihren eigenen Exkrementen wälzen -, halten die Forscher sie für Tiere. Sie machen Jagd auf die großen Pazifisten, die obendrein keine Schmerzen empfinden können. Doch dann stellt ein Mitglied des Forscherteams die Intelligenz der Utod fest - und muss sich mit der Frage auseinandersetzen, was »intelligentes Leben« eigentlich bedeutet ...

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Kapitel 1

 

Am Boden sprossen neue Grashalme in Chlorophyllgewändern. Auf den Bäumen wuchsen Zungen von Grün aus Ästen und Zweigen, rankten sich um sie herum - bald würde es hier aussehen wie der Versuch eines verrückten Erdenkindes, Weihnachtsbäume zu zeichnen -, als der Frühling wieder allen wachsenden Dingen auf der südlichen Halbkugel von Dapdrof die Sporen gab.

Nicht dass die Natur auf Dapdrof freundlicher wäre als anderswo. Selbst wenn sie die wärmeren Winde über die südliche Hemisphäre schickte, ließ sie über den größten Teil der nördlichen einen eisigen Monsun fegen.

Auf Gravitationskrücken gestützt, stand der alte Aylmer Ainson vor seiner Tür, kratzte sich langsam den Kopf und starrte die knospenden Bäume an. Selbst die dünnsten, äußersten Zweige bewegten sich kaum, obwohl eine ziemlich scharfe Brise wehte.

Dieser Bleieffekt wurde von der Schwerkraft hervorgerufen; Zweige wogen, wie alles andere auf Dapdrof, dreimal so viel wie auf der Erde. Ainson war an dieses Phänomen seit Langem gewöhnt. Sein Körper war dabei gebeugt und hohlbrüstig geworden. Sein Gehirn war bei diesem Prozess auch gebeugt worden.

Glücklicherweise war er nicht von dem Verlangen nach der Wiedereroberung der Vergangenheit befallen worden, das so viele Menschen niedermacht, bevor sie in die mittleren Jahre kommen. Der Anblick von jungen, grünen Blättern erweckte in ihm nur eine sehr vage Nostalgie, rief nur eine schwache Erinnerung daran wach, dass er seine Kindheit unter Laub verbracht hatte, das stärker auf einen April-Zephyr reagiert hatte - auf Zephyre außerdem, die hundert Lichtjahre entfernt geweht hatten. Es stand ihm frei, vor der Tür zu stehen und den größten Luxus eines Menschen zu genießen: einen leeren Verstand.

Träge beobachtete er Quequo, das weibliche Utod, die zwischen ihren Salatbeeten und unter den Ammp-Bäumen entlanglief, um ihren Körper in den Schlamm zu werfen. Die Ammp-Bäume waren immergrün, im Gegensatz zu den anderen Bäumen innerhalb von Ainsons Umzäunung. Im Laub an ihren Spitzen saßen große, vierflügelige, weiße Vögel, die sich gerade dazu entschlossen loszufliegen, als Ainson zu ihnen hinaufblickte; sie flatterten durch die Luft wie riesige Schmetterlinge und warfen ihre Schatten auf das Haus, als sie an ihm vorbeiflogen.

Doch das Haus war bereits von ihren Schatten bedeckt. Ainsons Freunde hatten in einem Drang, Kunstwerke zu schaffen, der sie vielleicht einmal in einem Jahrhundert überfiel, die weißen Wände seines Hauses mit einem wirren Durcheinander von Silhouetten aufwärts strebender Vogelkörper und -schwingen bemalt. Die Lebhaftigkeit dieses Musters schien das niedrige Haus gegen die Schwerkraft aufschweben zu lassen; doch das schien nur so, denn in diesem Frühjahr war der Firstbalken aus Neoplastik durchgesackt, und die Stützwände wölbten sich erheblich nach außen.

Dies war der vierzigste Frühling, den Ainson über sein Stück Land von Dapdrof ziehen gesehen hatte. Selbst der durchdringende Gestank der Suhlen roch jetzt nur noch heimelig. Während er ihn in die Nase zog, kratzte ihm sein Grorg - oder Parasitenfresser - den Kopf; Ainson griff nach oben und kraulte den Schädel des kleinen, eidechsenartigen Tiers. Er wusste, was das Grorg wirklich wollte, doch um diese frühe Stunde, wenn erst eine der Sonnen am Himmel stand, war es noch zu kalt, um mit Snok Snok Karn und Quequo Kifful und ihren Grorgs im Schlamm zu suhlen. »Mir ist kalt, wenn ich hier draußen stehe«, rief er Snok Snok in der utodianischen Sprache zu, »ich gehe wieder hinein und lege mich hin.«

Der junge Utod blickte auf und streckte zwei seiner Glieder aus, um zu sagen, dass er verstanden habe. Das war gut. Selbst nach einem Studium von vierzig Jahren fand Ainson die utodianische Sprache voller Stolperdrähte. Er war nicht sicher, ob er nicht gesagt hatte: »Der Bach ist kalt, und ich gehe jetzt hinein, um ihn zu kochen.« Den richtigen, von Pfeifen untermalten Schrei zu