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Ein BauernlebenOverlay E-Book Reader

Ein Bauernleben

Roswitha Gruber

E-Book (EPUB)
2015 Rosenheimer Verlagshaus
256 Seiten
ISBN: 978-3-475-54441-5

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Kurztext / Annotation
Für die Familie Edelhofer steht der Hof über allem. Stets kommen er und die Gemeinschaft vor dem Schicksal des Einzelnen. Die Menschen, die auf ihm wohnen, erleben persönliche Tragödien, aber auch viel Freude und Liebe. So erzählt Roswitha Gruber von einem Leben voll Arbeit und Pflicht. Auf faszinierende Weise berichtet sie von schweren Aufgaben und Entscheidungen genauso wie von den schönen Erlebnissen. Dem Leser wird ein berührender Einblick in das Leben einer Familie auf ihrem Einödhof gewährt. Roswitha Gruber widmet sich der Schilderung starker Frauen mit außergewöhnlichen Lebensgeschichten. Für jeden ihrer Romane nähert sie sich in intensiven Gesprächen dem Schicksal ihrer Protagonistinnen an. Roswitha Gruber lebt und arbeitet in Reit im Winkl.

Die in Trier geborene Roswitha Gruber hat in den letzten Jahren mehr als 37 Bücher veröffentlicht, die ausnahmslos Bestseller geworden sind. Durch ihr großes Einfühlungsvermögen gewinnt sie schnell das Vertrauen ihrer Mitmenschen und schafft es, dass diese ihr vorbehaltlos ihre Schicksale schildern. Diese bringt sie dann in ihrer unnachahmlichen Art zu Papier. Roswitha Gruber widmet sich vor allem den Lebensgeschichten starker Frauen vom Land.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Ottilie erzählt

Das verschenkte Kind

Meine Eltern, Therese und Josef, haben im Januar 1920 geheiratet, und nach schicklichen zehn Monaten kam ich auf die Welt. Wenn ich den Aussagen meiner Mutter glauben darf, waren beide nach meiner Geburt ein wenig enttäuscht, weil ich kein Bub geworden war. Die Mutter war vielleicht noch ein bisschen mehr enttäuscht als mein Vater. Er muss nämlich versucht haben, sie zu trösten: »Mach dir nichts draus, Therese«, soll er gesagt haben, »der Bub kommt schon noch. Schau, das Kindermädchen ist schon mal da für den Rest der Kinder, die noch kommen wollen.«

Im Oktober des folgenden Jahres lag schon wieder ein Mädchen in der Wiege. Verständlicherweise war der Vater darüber traurig, die Mutter aber wesentlich mehr als er. Sie hatte so sehr mit einem Buben gerechnet, dass sie sich gar keinen Mädchennamen überlegt hatte. Weil aber die Hebamme drängte, sagte sie schließlich: »Nimmst halt meinen Namen, weil es eh wurscht is.« Das hat sie mir später erzählt.

Das Mädel wurde dann Resi gerufen, und die Mutter ließ das arme Kind ziemlich links liegen. Ihre Laune hob sich erst wieder, als am 23. April 1923 endlich der ersehnte Stammhalter in der alten Familienwiege lag. Selbstverständlich bekam er den Namen Josef, nach seinem Vater. Dessen Vater hatte schon Josef geheißen. Davor hatte es eine Reihe von Antons gegeben und davor eine Reihe von Hoferben mit dem Namen Hans, wie man aus unserer Familienchronik ersehen kann. Dass der Vorname des Hofbesitzers von Zeit zu Zeit wechselte, lag daran, dass nicht immer der Erstgeborene seinem Vater auf den Hof folgte. Wenn eine Krankheit oder der Krieg ihn hinweggerafft hatte, kam der Zweit- oder gar der Drittgeborene zum Zug. Aber immer in all den Jahrhunderten, soweit Aufzeichnungen vorhanden sind, hat es auf dem Edelhof einen männlichen Edelhofer gegeben.

Zurück aber zu meinem kleinen Bruder Josef. Damit man ihn nicht mit dem Vater verwechseln konnte, war sein Rufname bald Sepp. An seine Ankunft in unserer Familie kann ich mich verständlicherweise nicht erinnern, zu der Zeit war ich selbst ja erst zweieinhalb Jahre alt. Als aber knapp zwei Jahre darauf, am 22. Februar 1925, meinen Eltern ein weiterer Sohn geschenkt wurde, ist mir das lebhaft im Gedächtnis geblieben. Ich erinnere mich noch an die strahlenden Gesichter meiner Eltern, als mein Vater die kleine Resi und mich an die Wiege führte, mit den stolzen Worten: »Da schaut, Dirndln, das ist unser zweiter Bub.«

Da der Name des Vaters bereits vergeben war, wurde der Kleine Anton genannt, nach dem jüngeren Bruder meines Vaters, der auch sein Taufpate wurde. Alle riefen den Buben nur Toni.

Was mir aber noch wesentlich deutlicher in Erinnerung blieb, ist das, was etwa ein Dreivierteljahr später geschah. Es muss ein Samstagabend Anfang November gewesen sein. Mutter und Großmutter hatten noch in der Küche zu tun, während wir Kinder schon alle in unseren Betten lagen. Plötzlich vermisste ich meine Lumpenpuppe. Die musste ich draußen beim Spielen - es war ein sonniger Herbsttag gewesen - liegen gelassen haben, als wir zum Nachtessen gerufen worden waren. Also schlich ich mich leise nach unten, öffnete vorsichtig die Haustür und fand meine Puppe tatsächlich auf der Hausbank, die vor dem Küchenfenster stand, sodass der matte Lichtschein von der Petroleumlampe auf sie fiel. Glücklich klemmte ich sie mir unter den Arm und wollte genauso unbemerkt wieder in mein Bett schleichen. Doch in dem Moment, als ich an der Küchentür vorbeikam, die nur angelehnt war, vernahm ich die besorgte Stimme meiner Großmutter: »Und du willst das Kind wirklich deiner Schwester Anna schenken?«

»Warum nicht?«, antwortete die Mutter ungerührt. »Ich hab schon vier Kinder, und es können leicht noch ein paar dazukommen. Bei meiner Schwester aber ist der Zug abgefahren.«

Mehr bekam ich nicht mit, denn ich hörte, dass sich Schritte der Tür näherten. Also huschte ich, so schnell ic



Roswitha Gruber lebt und arbeitet in Reit im Winkl und arbeitet in ihrem alten Bauernhof unermüdlich an neuen Buchideen. Bereits als 15-Jährige hat sie ihre ersten schriftstellerischen Versuche zu Papier gebracht. Heute widmet sie sich schwerpunktmäßig der Schilderung starker Frauen mit außergewöhnlichen Lebensgeschichten, die sich enormer Beliebtheit erfreuen.