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Der EngelsbaumOverlay E-Book Reader

Der Engelsbaum

Roman | Lucinda Riley

E-Book (EPUB)
2014 Goldmann
640 Seiten
ISBN: 978-3-641-14510-1

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€ 10,99

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Kurztext / Annotation
Dreißig Jahre sind vergangen, seit Greta Marchmont das Herrenhaus verließ, in dem sie einst eine Heimat gefunden hatte. Nun kehrt sie zurück nach Marchmont Hall in den verschneiten Bergen von Wales - doch sie hat keinerlei Erinnerung an ihre Vergangenheit, denn seit einem tragischen Unfall leidet sie an Amnesie. Bei einem Spaziergang durch die winterliche Landschaft macht sie aber eine verstörende Entdeckung: Sie stößt auf ein Grab im Wald, und die verwitterte Inschrift auf dem Kreuz verrät ihr, dass hier ein kleiner Junge begraben ist - ihr eigener Sohn! Greta ist zutiefst erschüttert und beginnt sich auf die Suche zu machen nach der Frau, die sie einmal war. Dabei kommt jedoch eine Wahrheit ans Licht, die so schockierend ist, dass Greta den größten Mut ihres Lebens braucht, um ihr ins Gesicht zu blicken - damit sie schließlich wahren Frieden finden kann ...

Lucinda Riley wurde in Irland geboren und verbrachte als Kind mehrere Jahre in Fernost. Sie liebte es zu reisen und war nach wie vor den Orten ihrer Kindheit sehr verbunden. Nach einer Karriere als Theater- und Fernsehschauspielerin konzentrierte sich Lucinda Riley ganz auf das Schreiben - und das mit sensationellem Erfolg: Seit ihrem gefeierten Roman »Das Orchideenhaus« stand jedes ihrer Bücher an der Spitze der internationalen Bestsellerlisten, allein die Romane der »Sieben-Schwestern«-Serie wurden weltweit bisher 30 Millionen Mal verkauft. Lucinda Riley lebte mit ihrem Mann und ihren vier Kindern im englischen Norfolk und in West Cork, Irland. Sie verstarb im Juni 2021.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Kapitel 1

David Marchmont, der den Wagen bei heftigem Schneefall die schmale vereiste Straße entlangsteuerte, blickte zu seiner Beifahrerin hinüber.

»Es ist nicht mehr weit, Greta. Sieht so aus, als würden wir's gerade noch rechtzeitig schaffen. Morgen früh ist diese Straße wahrscheinlich unpassierbar. Kommt dir irgendetwas bekannt vor?«, fragte er vorsichtig.

Greta wandte sich ihm zu. Ihre elfenbeinfarbene Haut hatte trotz ihrer achtundfünfzig Jahre keine Falten, und aus ihrem Gesicht leuchteten riesige blaue Augen, in denen weder Erregung noch Wut zu erkennen war. Das Feuer in ihnen war lange erloschen; sie wirkten so ausdruckslos und unschuldig wie die einer Porzellanpuppe.

»Mir ist klar, dass ich einmal hier gelebt habe, aber ich erinnere mich nicht daran. Tut mir leid, David.«

»Kein Problem«, tröstete er sie und wünschte sich gleichzeitig, den ersten grässlichen Anblick seines Elternhauses nach dem Brand - er hatte immer noch den beißenden Geruch von verkohltem Holz und Rauch in der Nase - aus seinem Gedächtnis löschen zu können. »Marchmont ist fast vollständig renoviert.«

»Ja, David, ich weiß. Das hast du mir letzte Woche, als du zum Abendessen bei mir warst, erzählt. Es gab Lammkoteletts, und wir haben eine Flasche Sancerre getrunken. Du hast gesagt, dass wir im Haupthaus schlafen würden.«

»Genau«, bestätigte David, der verstehen konnte, dass Greta sich an Details der Gegenwart klammerte, weil die Vergangenheit vor ihrem Unfall für sie nicht zugänglich war. Während er den Wagen über die glatte, leicht ansteigende Straße lenkte, auf der die Reifen kaum Halt fanden, überlegte er, ob es eine gute Idee gewesen war, Greta zu Weihnachten herzubringen. Es hatte ihn überrascht, dass sie nach jahrelangen erfolglosen Bemühungen seinerseits, sie aus ihrer Wohnung in Mayfair zu locken, seine Einladung nun angenommen hatte.

Nach drei Jahren umfassender Renovierungsarbeiten hatte er das Gefühl gehabt, dass es der richtige Moment sei, sie mitzunehmen. Und zu seiner Verwunderung schien sie dieses Gefühl zu teilen. Immerhin konnte er ihr ein warmes, gemütliches Haus bieten. Ob Wärme angesichts der Umstände auch auf der emotionalen Ebene möglich war, wusste er nicht ...

»Es wird schon dunkel«, bemerkte Greta. »Und dabei ist es erst kurz nach drei.«

»Ja, hoffentlich ist es, wenn wir ankommen, noch hell genug, um Marchmont zu sehen.«

»Wo ich früher gewohnt habe.«

»Ja.«

»Mit Owen, meinem Mann, deinem Onkel.«

»Ja.«

David war klar, dass Greta die Details der Vergangenheit, an die sie sich nicht mehr erinnerte, einfach auswendig gelernt hatte wie für eine Prüfung. Und er war ihr Lehrer gewesen, dem die Ärzte geraten hatten, die traumatischen Ereignisse unerwähnt zu lassen, jedoch Namen, Daten und Orte zu nennen, die ihr möglicherweise den Schlüssel liefern konnten. Wenn sie sich bei seinen Besuchen unterhielten, glaubte er manchmal, ein kurzes Flackern in ihren Augen zu sehen, aber er war sich nicht sicher, ob das etwas mit seinen Schilderungen zu tun hatte oder tatsächlich mit ihrem Gedächtnis. Nach all den Jahren sprachen die Ärzte - die einmal prognostiziert hatten, dass Gretas Erinnerung allmählich wiederkehren würde, weil auf den zahlreichen CT-Aufnahmen ihres Gehirns seit dem Unfall nichts Auffälliges zu erkennen war - nun von »selektiver Amnesie«, verursacht durch traumatische Ereignisse. Ihrer Ansicht nach sträubte Greta sich gegen die Erinnerung.

David lenkte den Wagen vorsichtig um eine gefährliche Kurve. Wenig später würden die Tore von Marchmont in Sicht kommen. Obwohl er juristisch der Eigentümer war und ein Vermögen für die Instandsetzung des Hauses ausgegeben hatte, fungierte er letztlich nur als eine Art Verwalter. Nach dem fast vollständigen Abschluss der Renovierungsarbeiten waren Gretas Enkelin Ava und ihr Mann Simon, auf die das A