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Der FahrerOverlay E-Book Reader

Der Fahrer

Hamburg-Thriller | Andreas Winkelmann

E-Book (EPUB)
2020 Rowohlt Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
400 Seiten
ISBN: 978-3-644-00308-8

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€ 9,99

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Kurztext / Annotation
Du hattest einen höllischen Tag und einen Gin Tonic zu viel. Das Auto kannst du nicht mehr nehmen. Zum Glück gibt es MyDriver, die App, mit der man jederzeit ein Auto samt Fahrer bestellen kann. Aber du kommst nie zu Hause an... Überall in der Stadt verschwinden junge Frauen. Kommissar Jens Kerner und seine Kollegin Rebecca Oswald ermitteln fieberhaft - obwohl beide mit privaten Herausforderungen kämpfen. Jens wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert, und Rebecca versucht erfolglos, ihn in die Gegenwart - und zu sich - zu ziehen. Dann verschwindet eine Fahrerin von MyDriver - auf dem Wagen steht in Leuchtschrift: #findemich ...

In seiner Kindheit und Jugend verschlang Andreas Winkelmann die unheimlichen Geschichten von John Sinclair und Stephen King. Dabei erwachte in ihm der unbändige Wunsch, selbst zu schreiben und andere Menschen in Angst zu versetzen. Heute zählen seine Thriller zu den härtesten und meistgelesenen im deutschsprachigen Raum. In seinen Büchern gelingt es ihm, seine Leserinnen und Leser von der ersten Zeile an in die Handlung hineinzuziehen, um sie dann, gemeinsam mit seinen Figuren in ein düsteres Labyrinth zu stürzen, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. Die Geschichten sind stets nah an den Lebenswelten seines Publikums angesiedelt und werden in einer klaren, schnörkellosen Sprache erschreckend realistisch erzählt. Der Ort, an dem sie entstehen, könnte ein Schauplatz aus einem seiner Romane sein: der Dachboden eines vierhundert Jahre alten Hauses am Waldesrand in der Nähe von Bremen.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

2

«Zehn ... neun ... acht ... sieben ... sechs ... fünf ... vier ... drei ... zwei ... eins ...

Herzlichen Glückwunsch!»

Ein angetrunkener Chor aus über fünfzig Stimmen setzte zu einer Jubelarie an, einige applaudierten, Gläser stießen klirrend gegeneinander. Der Discjockey stimmte «For he's a jolly good fellow» an, und ein Sturm der Gratulationen brach über Jens Kerner herein.

Keine Chance, sich zu wehren.

Sie umringten ihn, umarmten ihn, schüttelten ihm die Hand, klopften ihm auf die Schulter, küssten seine Wangen, machten Selfies mit ihm. Und er ließ all das über sich ergehen.

Jens Kerner hasste Partys. Die, bei denen er im Mittelpunkt stand, erst recht. Er hasste den Lärm und das Gerede, die Pflicht zu tanzen und überhaupt die Erwartung, eine ganze Nacht lang gute Laune zu haben. For he's a jolly good fellow passte auf ihn ungefähr genauso gut wie auf den Papst. Jens wollte kein lustiger Kerl sein - aber was spielte das für eine Rolle, wenn er seine Kollegin Rebecca Oswald damit glücklich machen konnte.

Und das konnte er!

Sie hatte diese Party hinter seinem Rücken geplant und organisiert. Und er, der große Ermittler, hatte nichts davon mitbekommen, obwohl sie doch so ziemlich mit jedem aus dem 33. Kommissariat gesprochen haben musste. Heute Abend um neun Uhr hatte sie ihn dann angerufen und gebeten, sie aus der Lobby eines Hotels abzuholen, wo sie angeblich gefeiert und zu viel getrunken hatte, um selbst noch fahren zu können. Also hatte er sich von Clint Eastwoods «Gran Torino» gelöst, seine ausgebeulte Lieblings-Jogginghose gegen eine Jeans ersetzt, sich ein bisschen hübsch gemacht - zum Glück - und war aufgebrochen.

Vorgefunden hatte er eine leere Hotellobby, aber keine Becca. Dafür einen betont harmlos dreinschauenden Rezeptionisten, der ihn bat mitzukommen.

Und dann das große Hallo im extra für diese Zwecke angemieteten Saal des Hotels. Kolleginnen und Kollegen, Bekannte, Freunde, mittendrin Becca, freudestrahlend und mit geröteten Wangen. Sie hatte es sogar geschafft, dass seine Chefin, die unterkühlte Baumgärtner, gekommen war. Und als wäre das nicht schon genug, schickte genau diese sich nun an, eine Rede zu halten.

Mareike Baumgärtner, Kriminalrätin und Chefin des 33. Kommissariats am Wiesendamm in Hamburg, war auf die Bühne an der Stirnseite des Saals gestiegen und schlug mit einem Dessertlöffel gegen ihr Sektglas. Zuerst nur leise, aber dann vehementer, bis alle Blicke sich ihr zuwendeten.

Noch bevor sie zu sprechen begann, wünschte Jens sich in seine Red Lady zurück. Auf die nächtlichen Straßen, wo er mitten in der Millionenstadt Hamburg noch Ruhe und Einsamkeit spürte. Aber keine Chance - er hatte den Schlüssel dem Rezeptionisten geben müssen, damit der den Wagen einparken ließ, weil die Meute ihn nicht wieder hatte gehen lassen wollen.

«Vierundfünfzig», begann die Baumgärtner, und Jens verzog das Gesicht. Musste denn wirklich jeder sein Alter kennen?

«Und kein bisschen weise», fügte sie hinzu und erntete einige Lacher.

«Immer geradeheraus, immer mit dem Kopf durch die Wand, so kennen wir unseren geschätzten Kollegen Jens Kerner. Ich gebe zu, anfangs hatte ich meine Probleme mit seinem Charakter und seiner Unfähigkeit, sich einzuordnen, Vorgaben und Anweisungen zu beachten, ein Teamplayer zu sein. Ach was, anfangs ... nach drei Jahren im 33. Kommissariat habe ich immer noch Probleme damit. Andererseits ...», fuhr die Baumgärtner fort, «weiß man bei Jens Kerner immer, woran man ist. Man wird nicht betrogen, er spielt keine Spielchen, und wenn er einen für einen auf Hochglanz polierten Kühlschrank hält, dann sagt er das auch.»

Jens spürte die Hitze der Schuld in seinen Kopf steigen. Woher wusste die Baumgärtner, dass er sie so bezeichnet hatte? Ihr selbst hatte er das nie gesagt. Irgendeine Kollegin o