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Ans Meer

Roman | René Freund

E-Book (EPUB)
2018 Deuticke
144 Seiten
ISBN: 978-3-552-06371-6

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Kurztext / Annotation
Es ist ein ziemlich übler Tag im Leben von Anton, dem Fahrer eines Linienbusses auf dem Land. Vor kurzem hat er sich verliebt: in Doris, seine Nachbarin. Doch letzte Nacht hat er auf ihrem Balkon einen Mann husten gehört. Dann steigt auch noch die krebskranke Carla in den Bus, die ein letztes Mal das Meer sehen möchte, und zwar sofort. Es ist heiß, und die Gedanken rasen in Antons Kopf. Mut gehört nicht zu seinen Stärken, aber hatte Doris nicht gesagt, dass sie Männer mag, die sich etwas trauen? Wenig später hören die Fahrgäste im Linienbus eine Durchsage: 'Wir fahren jetzt ans Meer.' Ein herzerwärmendes Buch voller Humor über eine bunt gemischte Schar von Fahrgästen auf ihrer Reise in den Süden.

René Freund, geboren 1967, lebt als Autor und Übersetzer in Grünau im Almtal. Er studierte Philosophie, Theaterwissenschaft und Völkerkunde und war von 1988 bis 1990 Dramaturg am Theater in der Josefstadt. Bücher (u.a.): Stadt, Land und danke für das Boot (Realsatiren, 2002), Wechselwirkungen (Roman, 2004). Im Deuticke Verlag sind erschienen Liebe unter Fischen (2013), seine Familiengeschichte Mein Vater, der Deserteur (2014), Niemand weiß, wie spät es ist (2016), Ans Meer (2018) und zuletzt der Roman Swinging Bells (2019).

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

 

 

24

 

Und immer noch ähnelte es einem Tanz, was Anton und Frau Prenosil auf dem gefährlichen Parkett des Pannenstreifens vollführten. Die Hupen tröteten einen etwas schrägen Rhythmus vor, und das Blaulicht hinter der Windschutzscheibe des schwarzen Audi steuerte ein surreales Blinken bei, das freilich im milchigen Licht der Vormittagssonne verschwamm. Ein Schritt vor, ein Schritt zurück, eine Drehung, eine feste Umklammerung, fast wie ein Liebespaar, das nach Wochen endlich wieder zusammengefunden hat.

»Guter Mann, das ist sehr leichtsinnig«, sagte der erste Polizist, der aus dem Wagen sprang. Der zweite lief hinter den Bus, um Ferdinand von der Fahrbahn zu fischen.

»Guter Mann« hatte der Zivilpolizist gesagt, der sich nun seine Kappe aufsetzte, die zu seiner Jeans und seinem blauen Hemd reichlich unpassend wirkte. »Guter Mann«, das hört sich schon mal nicht schlecht an, dachte Anton.

»Ein Notfall«, sagte Anton, und dann erzählte er dem etwas ungeduldig wirkenden Beamten eine lange Geschichte von einem Stopp bei der Raststation und von dieser etwas verwirrten Frau, die aber zu ihrer Reisegruppe gehörte, und die sich auf die Fahrbahn verirrt hatte, weil sie eigentlich für ihre Kinder kochen musste ...

Seit wann man denn mit Linienbussen auf Reisen fahre, wollte der Polizist wissen, aber Anton beteuerte, dass es sich eigentlich nicht mehr um einen Linienbus handle, sondern um eine außertourliche Fahrt. Und zwar nach Salzburg. Zum Adventmarkt, hätte Anton, etwas übereifrig, fast hinzugefügt, aber Adventmarkt Mitte Mai, da wäre dann wohl der Alkotest unvermeidlich gewesen, doch zum Glück fiel ihm stattdessen das Wort »Felsenreitschule« ein, die stellte auch eine touristische und durchaus plausible Attraktion dar.

»Fahrzeug sichern, Kollege?«, fragte der zweite Polizist, der Ferdinand bereits zurück in den Bus geschickt hatte.

Doch der angesprochene Kollege winkte ab. Ganz bestimmt machte es mehr Spaß, mit dem schnittigen Auto Raser zu verfolgen, als die Personalien eines biederen Busfahrers und einer verwirrten Frau festzustellen, gerade Letzteres konnte unendlich mühsam werden, und wenn man erst einmal damit angefangen hat, darf man nicht mehr aufhören.

»Die einzige Gefahr im Verzug ist der Bus auf dem Pannenstreifen«, stellte der erste Polizist in tadellosem Amtsdeutsch fest und wandte sich an Anton: »Bitte verlassen Sie so schnell wie möglich den Pannenstreifen. Wir sichern Sie beim Hinausfahren. Gute Fahrt und bitte keine solchen Extratouren mehr.«

»Auf keinen Fall«, antwortete Anton. »Danke sehr für alles.« Und Frau Prenosil flüsterte er ins Ohr: »Und jetzt bitte schnell in den Bus zurück, wir müssen einkaufen fahren, für die Kinder.«

Er hakte sich bei ihr unter, winkte den Polizisten jovial zu und zerrte die alte Frau in den Bus.

Anton schloss die Türen.

»Alle ordentlich hinsetzen!«, befahl er. »Eva, bitte kümmere dich um Frau Presenil.«

»Ich mag nicht, wenn du Frau Presenil zu ihr sagst«, gab Eva zurück.

Eva drückte Frau Prenosil vorsichtig an sich. Sie hatte solche Angst um sie gehabt. Eva mochte alte Leute, viel lieber als junge. Ihre Oma hatte ihr Palatschinken gemacht, wenn Papa auf Geschäftsreise und Mama auf Wellnesskur war. Oma hatte Tee gekocht und Wärmeflaschen gerichtet, wenn Eva krank war. Oma hatte ihr Haar gebürstet, ihr einen Kuss auf die Stirn gedrückt und immer ein Lächeln geschenkt. Als ihre Großmutter vor zwei Jahren gestorben war, hatte sich Eva sehr allein auf der Welt gefühlt, und dieses Gefühl machte keinerlei Anstalten, schwächer zu werden.

Der Audi vor dem Bus setzte sich langsam in Bewegung. Der Beifahrer hielt eine Kelle aus dem Fenster und winkte Anton, dem Auto