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Totenfang

Thriller | Simon Beckett

E-Book (EPUB)
2016 Rowohlt Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
560 Seiten
ISBN: 978-3-644-21831-4

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€ 9,99

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Kurztext / Annotation
Hunter is back! Sein fünfter Fall führt Dr. David Hunter in die Backwaters, ein unwirtliches Mündungsgebiet in Essex, wo die Grenzen zwischen Land und Wasser verschwimmen. Aber die wahren Gefahren lauern nicht in der Tiefe, sondern dort, wo er sie am wenigsten erwartet. Seit über einem Monat ist der 31-jährige Leo Villiers spurlos verschwunden. Als an einer Flussmündung zwischen Seetang und Schlamm eine stark verweste Männerleiche gefunden wird, geht die Polizei davon aus, Leo gefunden zu haben. Der Spross der einflussreichsten Familie der Gegend soll eine Affäre mit einer verheirateten Frau gehabt haben, die ebenfalls als vermisst gilt: Leo steht im Verdacht, Emma Darby und schließlich sich selbst umgebracht zu haben. Doch David Hunter kommen Zweifel an der Identität des Toten. Denn tags darauf treibt ein einzelner Fuß im Wasser, und der gehört definitiv zu einer anderen Leiche. Für die Zeit seines Aufenthalts kommt David Hunter in einem abgeschiedenen Bootshaus unter. Es gehört Andrew Trask, dessen Familie ihm mit unverhohlener Feindseligkeit begegnet. Aber sie scheinen nicht die Einzigen im Ort zu sein, die etwas zu verbergen haben. Und noch ehe der forensische Anthropologe das Rätsel um den unbekannten Toten lösen kann, fordert die erbarmungslose Wasserlandschaft erneut ihren Tribut ...

SIMON BECKETT ist einer der erfolgreichsten englischen Thrillerautoren. Seine Serie um den forensischen Anthropologen David Hunter wird rund um den Globus gelesen und wurde für Paramount+ als sechsteilige Serie verfilmt: «Die Chemie des Todes», «Kalte Asche», «Leichenblässe», «Verwesung», «Totenfang» und «Die ewigen Toten» waren allesamt Bestseller, ebenso sein atmosphärischer Psychothriller «Der Hof». «Die Verlorenen», der Auftakt einer neuen Thrillerserie um den ehemaligen Polizisten Jonah Colley, stand mehrere Wochen auf Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste. Simon Beckett ist verheiratet und lebt in Sheffield.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Kapitel 1

Der menschliche Körper, selbst zu über sechzig Prozent aus Wasser bestehend, ist nicht von sich aus schwimmfähig. Er treibt nur so lange an der Wasseroberfläche, wie Luft in den Lungen vorhanden ist. Sobald sie den Körper verlässt, sinkt er langsam auf den Grund. Ist das Wasser sehr kalt oder tief, dann bleibt er dort und durchläuft einen düsteren Auflösungsprozess, der Jahre andauern kann.

Wenn das Wasser aber warm genug ist, um Bakterien Lebensraum zu bieten, dann verwest er. In den Eingeweiden entstehen Gase, die dem Körper Auftrieb geben, sodass er an die Oberfläche zurückkehrt.

Dann erheben sich ganz buchstäblich die Toten.

Der Körper treibt in Bauchlage an oder unmittelbar unter der Wasseroberfläche, Arme und Beine hängen nach unten. Im Laufe der Zeit wird er sich in einer morbiden Umkehr seines Entstehens im Mutterleib auflösen. Zuerst die Extremitäten: Finger, Hände und Füße fallen ab. Dann Arme und Beine, zuletzt der Kopf, bis nur der Torso übrig ist. Wenn die letzten Verwesungsgase verflogen sind, sinkt der Oberkörper zum zweiten und letzten Mal in die Tiefe.

Doch das Wasser treibt noch eine weitere Transformation voran. Die Weichteile zersetzen sich, die Fettschicht unter der Haut zerfällt und ummantelt den einst lebenden Körper mit einer dicken fettigen Hülle. Diese Substanz nennt man Adipocire oder Leichenwachs, sie ist aber auch unter einem weniger makabren Namen bekannt.

Seife.

Wie in ein wachsweißes Leichentuch gehüllt, das Gewebe und Organe schützt, treibt der Körper auf seiner letzten, einsamen Reise durchs Wasser.

Bis der Zufall ihn wieder ans Tageslicht bringt.

 

Wie die eher grazile Knochenstruktur vermuten ließ, gehörte der Schädel zu einer jungen Frau. Das Stirnbein war lang und glatt, es gab keinen Überaugenwulst, und die Pars mastoidea unter der Ohröffnung war so klein, dass sie nicht nach einem Mann aussah. Zwar waren das nur Indizien, aber alles in allem hatte ich keinen Zweifel. Da die bleibenden Zähne zum Zeitpunkt des Todes bereits sämtlich vorhanden waren, war sie wahrscheinlich älter als zwölf gewesen, wenn auch nicht viel. Zwei Backenzähne und ein Schneidezahn waren vermutlich post mortem ausgefallen, die übrigen Zähne kaum abgenutzt. Auch ohne das restliche Skelett konnte ich sagen, dass sie bei ihrem Tod wohl noch keine sechzehn Jahre alt gewesen war.

Die Todesursache war offensichtlich. Mitten im Hinterhauptbein klaffte ein etwa dreißig mal fünfzehn Millimeter großes Loch. Die von den scharfen Kanten der Wunde kreisförmig ausstrahlenden Bruchlinien waren ein Hinweis darauf, dass der Knochen «grün» und lebendig gewesen war, als das Loch entstand. Post mortem wäre der Knochen trocken und brüchig gewesen. Als ich den Schädel zum ersten Mal in der Hand gehalten hatte, war aus dem Inneren zu meiner Überraschung ein Klappern zu hören gewesen. Ich hatte zunächst an Knochenfragmente gedacht, durch die Wucht des tödlichen Schlages in den Schädel gedrückt. Aber es klang nach etwas Größerem und Festerem. Das Röntgenbild bestätigte meinen Verdacht: Es zeigte einen schmalen, spitzen Gegenstand im Kopf des jungen Mädchens.

Eine Pfeilspitze.

Das genaue Alter des Schädels war nicht zu bestimmen, auch nicht, wie lange er schon in den windgepeitschten Mooren Northumberlands gelegen hatte. Mit einiger Sicherheit ließ sich nur sagen, dass das Mädchen seit über fünfhundert Jahren tot war, in dieser Zeit war der Pfeilschaft verfallen, und der Knochen hatte eine dunkle Karamellfarbe angenommen. Wir würden nie herausfinden, wer sie war, noch, warum sie starb. Ich hoffte, dass ihr Mörder - vor dem sie geflohen sein musste - für dieses Verbrechen auf irgendeine Art hatte büßen müssen. Aber auch das konnte niemand wissen.

Die Pfeilspitze klapperte leicht, als ich den Schädel vorsichtig mit Seidenpapier umwickelte und in die Schachtel zurücklegt



Simon Beckett ist einer der erfolgreichsten englischen Thrillerautoren. Bevor er sich der Schriftstellerei widmete, arbeitete er unter anderem als freier Journalist und schrieb für britische Zeitschriften und Magazine. Ein Besuch der 'Body Farm' in Tennessee war die Inspiration für seine Serie um den forensischen Anthropologen David Hunter, die rund um den Globus gelesen wird: 'Die Chemie des Todes', 'Kalte Asche', 'Leichenblässe' und 'Verwesung' waren allesamt Nr.-1-Bestseller. Sein psychologischer Thriller 'Der Hof' führte ebenfalls die Bestsellerliste an. Simon Beckett ist verheiratet und lebt in Sheffield.