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Odins ZornOverlay E-Book Reader

Odins Zorn

Eine Wikinger-Saga | Tim Hodkinson

E-Book (EPUB)
2024 Piper Verlag
Auflage: 1. Auflage
496 Seiten
ISBN: 978-3-492-60531-1

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Kurztext / Annotation
Die Flucht soll ihn retten, doch im Exil warten Gefahren und Intrigen. Die Flucht aus seiner Heimat Island führt Einar Unnersson im Jahr 915 auf die Orkney Inseln und an den Hof seines Onkels. Jarl Thorfinn gilt als grausam und empfängt Einar keineswegs mit offenen Armen, im Gegenteil: Einar muss seine Treue erst beweisen. Er schließt sich den brutalen Wolfmäntel-Wikingern und der nord-irischen Kriegerprinzessin an, um in der Schlacht der Götter und Könige zu kämpfen. Einars Exil wird zum Überlebenskampf gegen Schwerter, Schilde und Verrat. Inmitten der unübersichtlichen Schlacht fragt er sich bald, wer der wahre Feind ist: Christen, Könige oder gar Odin selbst? Ein historischer Wikingerroman über mutige Krieger, brutale Kämpfe und die raue See.

Tim Hodkinson wurde 1971 in Nordirland geboren. Er studierte mittelalterliche englische und altnordische Literatur an der Universität mit Fokus auf mittelalterlicher europäischer Geschichte. Er hat sein ganzes Leben lang geschrieben und hat ein starkes Interesse am historischen, mystischen und mysteriösen. Nachdem er mehrere glückliche Jahre in New Hampshire, USA, verbracht hat, ist er nun mit seiner Frau Trudy und drei reizenden Töchtern in ein Dorf namens Moira zurückgekehrt.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Kapitel 2

»Ich sehe dich, Kjartansdottir.«

Unn zuckte zusammen, als die Seherin sprach. Die Lippen der alten Frau verzogen sich spöttisch, als sie den Namen sagte, mit dem die Isländer Unn riefen. Noch einen Augenblick zuvor schien sie an der Schwelle des Schlafes gewesen zu sein. Sie saß mit untergeschlagenen Beinen vor dem Feuer, die Finger locker um ihren Eisenstab gelegt. Unns Blick fuhr zu der Holzschale, die neben der Seherin auf dem Boden stand. Sie enthielt noch immer Reste des Tranks, den sie am Abend zubereitet hatte, eine Mischung aus Saatgut, Kräutern und getrockneten Zweigen, die in warmem Wasser gelegen hatten. Je mehr die Alte davon getrunken hatte, umso wilder waren ihre Prophezeiungen geworden, umso unverständlicher ihr Gemurmel und umso leerer ihr Blick. Aber das alles schien nun schlagartig verschwunden zu sein.

»Du sprichst meinen Namen aus, als würde er einen schlechten Geschmack in deinem Mund hinterlassen«, sagte Unn leise, sich der vielen Schläfer in dem dunklen Langhaus bewusst.

Die Alte zuckte mit den Schultern und sah zur Seite, als wäre ihr das egal. »Ich weiß, dass das nicht dein richtiger Name ist«, antwortete sie. »Ich weiß, dass du ihn verbirgst.«

Beide Frauen hatten ihre besten Jahre hinter sich, aber im Gegensatz zu der alten, runzeligen Seherin hatte Unn noch einiges von ihrem guten Aussehen bewahrt. Ihre Wangen fingen an zu erschlaffen, und Krähen hatten ihre Fußabdrücke an den Rändern ihrer dunklen Augen hinterlassen, aber es war noch immer zu sehen, dass sie in ihrer Jugend eine atemberaubende Schönheit gewesen war.

Die Seherin oder v_lva, wie die Isländer sie nannten, war am Vortag eingetroffen. Sie zog von Hof zu Hof und lebte von der großzügigen Gastfreundschaft der Menschen. Seit einigen Jahren hielt sie sich nun schon in Island auf. Ursprünglich stammte sie aus Norwegen, und wer vermochte schon zu sagen, wo sie davor gewesen war. Im Gegensatz zu anderen zauberkundigen seiðr-Frauen, die gern mit einem Gefolge junger Mädchen umherreisten, die sie bei ihren Ritualen unterstützten, indem sie Trommeln schlugen und heilige Lieder oder Beschwörungen sangen, war Heid allein. Aber ihr Ruf eilte ihr voraus, und jeder Hof in Island, der etwas auf sich hielt, wünschte sich einen Besuch von ihr. Die Ankunft der v_lva war ein Zeichen, dass man für wichtig genug befunden worden war, ihren Besuch zu verdienen - und reich genug, um ihren Lohn zahlen zu können. Ihre Vorhersagen waren beeindruckend in ihrer Präzision, ihre Zauber versagten nie, und davon abgesehen, wer würde es schon wagen, jemanden abzuweisen, der in den magischen Künsten so erfahren war. Ihre Flüche waren so effektiv wie ihre Heilzauber.

Über Flüche wusste Unn Bescheid.

»Ich habe meine Arbeit getan«, sagte die alte Frau und sah Unn an. »Die Geister sind fort. Es gibt nichts mehr zu sagen. Du hättest früher kommen sollen, wie die anderen.«

Unn nickte und wollte wieder aufstehen. Dann hielt sie inne und holte tief Luft. Sie musste ihre Frage stellen.

»Ich habe dir zu essen und eine Unterkunft für die Nacht gegeben. Ich habe dich mit viel Silber bezahlt, damit du meine Gäste unterhältst«, sagte sie mit zitternder, aber entschlossener Stimme. »Sie haben dir auch viele Geschenke gemacht. Mir steht meine Zeit zu.«

»Unterhaltung?« Die Alte schnaubte. »So betrachtest du meine Gabe?«

Unn biss sich auf die Lippe. War sie zu weit gegangen? Sie teilte den Glauben ihrer Nachbarn nicht, aber man hatte ihr in ihrer Jugend beigebracht, dass es nie von Vorteil sein konnte, jemanden zu beleidigen, der mit den Geistern der Anderswelt sprechen konnte. Manchmal sagten auch Dämonen und Teufel die Wahrheit. Die Nachbarn respektierten Unns anderen Glauben, aber die Gesetze des Landes besagten, dass sie ihren Gott nicht außerhalb ihrer vier Wände anbeten durfte. Toleranz beschränkte si