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Dummheit

Heidi Kastner

E-Book (EPUB)
2021 Verlag Kremayr & Scheriau
128 Seiten
ISBN: 978-3-218-01300-0

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Kurztext / Annotation
'Dummheit begegnet uns in vielerlei Form - doch woran kann man sie erkennen?'
Was haben so unterschiedliche Dinge wie 'alternative Fakten', menschenleere Begegnungszonen in Satellitensiedlungen und Schönheits-OPs als Maturageschenk gemeinsam? Heidi Kastner wagt sich an den aufgeladenen Begriff der Dummheit und betrachtet sowohl die sogenannte messbare Intelligenz (IQ) sowie die 'heilige Einfalt' und die emotionale Intelligenz, deren Fehlen immensen Schaden anrichten kann.
Was treibt Menschen, die an sich rational-kognitiv nachdenken könnten, dazu, sich und andere durch 'dumme' Entscheidungen ins Unglück zu stürzen? Wie ist kollektive Bereitschaft zu Ignoranz zu erklären und warum nimmt dieses Phänomen scheinbar so eklatant zu? Gibt es einen Konsens darüber, dass langfristig fatales, aber unmittelbar subjektiv vorteilhaftes Verhalten als 'dumm' anzusehen ist? Sind Abwägen und Nachdenken altmodisch? Und was, um Himmels Willen, ist so attraktiv am Konzept des Leithammels, der uns das Denken abnimmt, oder des Influencers, der uns den einzig wahren Weg zeigt?

Heidi Kastner ist Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie. Seit 1997 Gerichtspsychiaterin; Aufbau und Leitung dreier forensischer Nachbetreuungsambulanzen; seit 2005 Chefärztin der forensischen Abteilung der Landesnervenklinik Linz; Gerichtsgutachterin für Strafrecht. Mehrere Buchveröffentlichungen bei Kremayr & Scheriau.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Säulen der Dummheit

In meiner langjährigen Tätigkeit als Gerichtssachverständige war ich immer wieder mit definitionsgemäß leicht intelligenzgeminderten Menschen konfrontiert, die irgendwelche Straftaten begangen hatten. Bei keinem einzigen von ihnen war die Intelligenz das zentrale Problem, meist waren ganz banale, alltägliche Beweggründe wie Gier, Wichtigtuerei oder die Unwilligkeit, Grenzen zu akzeptieren, ausschlaggebend dafür, dass sie mit dem Gericht in Kontakt kamen.

Die 40-jährige Frau S., die nach Geburtskomplikationen eine Entwicklungsverzögerung gezeigt hatte und nach dem frühen Tod ihres Vaters als Einzelkind bei ihrer Mutter aufgewachsen war, wurde von dieser in gänzlich unrealistischer Weise idealisiert und hervorgehoben, wobei die im sonstigen Leben unauffällige Mutter ihrer Tochter laufend vermittelte, dass sie ein Genie sei, aber leider von allen (je nach Alter Lehrer oder Arbeitgeber) völlig verkannt werde, weshalb ihr im Leben der zustehende Erfolg versagt bleibe. Als die schon sehr betagte Mutter ins Krankenhaus gebracht wurde und die Tochter, auch für andere offensichtlich, mit den plötzlich anstehenden und alleine zu bewältigenden Aufgaben des Haushalts überfordert war, wurde sie vorübergehend in einer Betreuungseinrichtung untergebracht. Dort gefiel es ihr gar nicht, und schon überhaupt nicht gefiel ihr die Tatsache, dass sie nun mit "Behinderten" in einem Haus lebte und von den Betreuern immer wieder darauf hingewiesen wurde, ihr abwertendes Verhalten gegenüber den anderen Mitbewohnern einzustellen, die eben "auch" diverse Defizite hätten. Frau S. wollte weg und kontaktierte ihre Mutter, wobei sie beileibe nicht die wahren Gründe ihrer Unzufriedenheit berichtete, sondern mit beachtlicher Überlegung und Taktik von einem Missbrauch erzählte, der in der Einrichtung laufend an ihr begangen werde.

Die Mutter setzte alle Hebel in Bewegung, ihre Tochter zu retten, und erstattete umgehend Anzeige, der benannte Betreuer wurde als Beschuldigter geführt. Erst in der Zeugenvernehmung wurden Ungereimtheiten und Unmöglichkeiten im Bericht offensichtlich, weshalb Frau S. auch relativ rasch den Sachverhalt richtigstellte.

Bei der Begutachtung beklagte die von sich und ihren Fähigkeiten sehr überzeugte und ziemlich empathiebefreite Frau S., dass nun gegen sie ein Verfahren wegen Verleumdung eingeleitet wurde, was eine riesige Sauerei sei, weil ja gar niemandem etwas passiert sei, und berichtete von ihren Plänen, ihre gesammelten Lebenserfahrungen in Buchform zu veröffentlichen. Falls man Erfahrung als erfolgreiches Lernen am Erlebten definiert, müsste es sich freilich um ein eher dünnes Buch handeln, wobei Frau S. ja durchaus in der Lage war, Informationen aufzunehmen, schlussfolgernd zu denken und ihre Handlungen entsprechend zu planen, aber eben nur dort, wo diese Informationen nicht mit ihrem Selbstbild unvorteilhaft kollidierten.

Herr M. wollte unbedingt ein Auto besitzen, und zwar nicht irgendeines, sondern eines, das wesentlich teurer und schöner war als das des Nachbarn, der immer wieder so provokant vor M.s Wohnhaus parkte, nur um ihm seinen autolosen Zustand vor Augen zu führen. Dass er schon mehrmals an der Führerscheinprüfung gescheitert war, spielte in seinen Überlegungen keine Rolle, man musste ja nicht fahren, es reichte, wenn man das Auto einfach herzeigen konnte. Die Wünsche scheiterten bisher immer an den finanziellen Mitteln, Besserung war diesbezüglich nicht in Aussicht, als Herr M. Herrn A. kennenlernte, der ihm einen genialen Plan unterbreitete: Herr A. würde die nötigen Papiere fälschen und Herr M. würde damit zu diversen Banken gehen und einen Kredit beantragen, die Rückzahlung könnte ja nie eingefordert werden, da die Personen in den gefälschten Papieren nicht existierten. Den ergaunerten Betrag könnte man sich teilen, immerhi