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Chain-Gang All-Stars

Nana Kwame Adjei-Brenyah

E-Book (EPUB)
2024 Hoffmann Und Campe Verlag
480 Seiten
ISBN: 978-3-455-01707-6

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€ 19,99

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Kurztext / Annotation
Dies ist die ungeheuerliche Geschichte der beiden Häftlinge Loretta Thurwar und Hurricane Staxxx, die als moderne Gladiatorinnen jeden Tag aufs Neue in einen Kampf auf Leben und Tod getrieben werden. Amerika in naher Zukunft. Loretta Thurwar und Hurricane Staxxx sind die Stars der 'Chain-Gang All-Stars'. Sie sind zu lebenslanger Haft verurteilt, aus der es nur einen Ausweg gibt: Als moderne Gladiatorinnen kämpfen sie mit einer Sense und mit einem Hammer bewaffnet auf Leben und Tod gegen andere Straftäter - und das ganze Land fiebert am Bildschirm mit. Wer den Gegner tötet, steigt in der Rangordnung auf und nähert sich von Staffel zu Staffel dem ultimativen Ziel: der Freiheit. Nichts scheint Loretta und Hurricane aufhalten zu können. Doch dann entschließt sich die Regie, die Regeln zu ändern, um dem tobenden Publikum etwas nie Dagewesenes zu bieten. Auf der Shortlist für den National Book Award 2023

Nana Kwame Adjei-Brenyah ist New-York-Times-Bestsellerautor von Friday Black, einer Kurzgeschichtensammlung, die auf deutsch 2020 bei Penguin Random House erschien. Seine Arbeiten wurden u.a.in The New York Times Book Review, Esquire, The Paris Review veröffentlicht. Er gewann die Auszeichnung '5 Under 35' der National Book Foundation, ist Gewinner des PEN/Jean Stein Book Award und des Saroyan-Preises und erhielt viele weitere Auszeichnungen. Adjei-Brenyah war Finalist für den John Leonard Award des National Book Critics Circle für das beste erste Buch. Aufgewachsen in Spring Valley, New York, lebt er heute in der Bronx.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Die Befreiung der Melancholia Bishop

Sie spürte ihre Augen, die Augen all dieser Henker.

»Willkommen, junge Lady«, sagte Micky Wright, der erste Ansager von Chain-Gang All-Stars, das Kronjuwel im Unterhaltungsprogramm des Strafvollzugs. »Willst du uns nicht sagen, wie du heißt?« Seine hohen Stiefel standen im Gras des Schlachtfelds, das lang gestreckt und grün dalag, gestreift von kokainweißen Markierungsstreifen wie ein auseinanderlaufendes Footballfeld. Es war das Superbowl-Wochenende, eine Tatsache, die Wright zwischen den Spielen des Abends vertraglich festgelegt jedes Mal erwähnen musste.

»Sie wissen, wie ich heiße.«

Sie bemerkte ihre eigene Festigkeit und empfand eine dunkle Liebe zu sich selbst. Seltsam. Sie hatte sich so lange für bemitleidenswert gehalten. Aber der Menge schien ihre Kühnheit zu gefallen. Sie jubelte, auch wenn ihre Unterstützung von brutaler Ironie gesäumt war. Sie blickten herunter auf diese schwarze Frau, gekleidet im grauen Overall der Inhaftierten. Sie war groß und kräftig, und sie blickten herab auf sie und die straffen Flechten aus schwarzem Haar auf ihrem Kopf. Sie blickten genüsslich herab. Sie würde sterben. Daran glaubten sie, wie sie an die Sonne und den Mond und die Luft glaubten, die sie atmeten.

»Kampflustig«, sagte Wright und grinste. »So sollten wir dich vielleicht nennen - Little Miss Kampflustig.«

»Ich heiße Loretta Thurwar«, sagte sie. Sie sah die Leute um sie herum an. Es waren so viele, so viele Wellen von Menschen, die niemals Gegenstand einer so grausamen Aufmerksamkeit sein würden. Die nie wissen würden, wie man sich dabei fühlte - winzig und mächtig zugleich. Wie das Vibrieren von Tausenden so laut, so beständig sein konnte, dass es aus den Ohren verschwand, aber weiterdröhnte, als spürte man es im Körper. Thurwar umklammerte die Waffe, die man ihr gegeben hatte: einen dünnen, spiraligen Korkenzieher mit Kirschholzgriff. Leicht und einfach und schwach.

»Dann also nicht Little Miss Kampflustig?« Wright ging in einem weiten Kreis um sie herum.

»Nein.«

»Das ist wahrscheinlich besser so, Loretta.« Er ging auf seine Box zu. »Ich kann es sowieso nicht leiden, gute Namen zu verschwenden.« Er lachte, und die Menge war sein Echo. »Na, Loretta Thurwar« - er schleuderte ihr seine spielerische Herablassung förmlich entgegen, zerhackte ihren Vornamen in drei harte Silben und verfiel bei ihrem Nachnamen in einen kindlichen Singsang -, »willkommen auf dem Schlachtfeld, Baby.«

Ein elektrisches Husten erfüllte die Luft, und Thurwar wurde so wild hinabgezogen, dass sie einen Moment lang fürchtete, ihre Schulter sei ausgekugelt worden. Sie kniete da und wusste nicht, was sie tun sollte; also fing sie an zu lachen. Ein leises Glucksen zunächst, das zu einem tiefen Gelächter wurde. Das Gefühl der Blockade, das von den magnetischen Implantaten in ihren Armen kam, war wie eine sanfte Massage unter der Haut. Sie konnte mühelos mit den Fingern wackeln, aber ihre Handgelenke klebten an der Plattform. So lächerlich, das alles. Sie lachte, bis sie atemlos war, und dann lachte sie noch ein bisschen.

Die Glocken fingen an zu läuten.

Wright kreischte in die Höhe: »Bitte erheben Sie sich für Ihre Majestät!« Den Rest des Weges zu seiner Ansagerbox legte er rennend zurück.

Die Menge stand auf. Sie hielten sich still und aufrecht. Für sie.

Sie betrat das Fake-Football-Feld. Eine Aluminiumlegierung auf ihren Armen. Zöpfe, die bis in den Nacken reichten. Nackte Schultern, tätowiert mit dem WholeMarket(TM)-Logo. Eine Reihe von Stäben ragte aus ihrem Brustpanzer und umgab ihren muskulösen Bauch wie ein eleganter Käfig. Eine maßgefertigte Kreation. Thurwar hatte zugeschaut, ja, gejubelt, als sie zum ersten Mal gesehen hatte, dass die Metallteile, die sie zunächst für eine bloße Schutzvorrichtung gehalten hatte, mehr waren als das. Sie hatte zu