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Oberösterreich für Entdecker

Schotti to go | Michael Schottenberg

E-Book (EPUB)
2024 Amalthea Signum Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
240 Seiten
ISBN: 978-3-903441-27-9

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Kurztext / Annotation
Abenteuerlich, skurril, einzigartig »Ich wollte ein Buch über ein Land schreiben, es wurde eines über Menschen.« Für Reisephilosoph Michael Schottenberg heißt es einmal mehr, Unbekanntes zu »erfahren«. Vom Inn bis zum Böhmerwald, vom Sengsengebirge bis ins Salzkammergut braust er auf seiner roten Vespa durch Oberösterreich und staunt über dessen Vielseitigkeit. Menschen vertrauen ihm ihre Lebensgeschichten an, die zur Biografie eines Landes werden: vom Pinsdorfer Tierpräparator Höller, in dessen Dachboden Thomas Bernhard einen Roman schrieb, über die Holzkünstlerin Annerose R., die mit ihrer Kettensäge Frauenfiguren schnitzt, oder die Titanic-Beauftragte Lisa Maria, die in ihrer Toilette ein Privatmuseum betreibt, bis hin zum Linzer Domeremiten, der sich als der Autor selbst entpuppt. Ein Buch voller Reiselust und Lebensweisheit: In »Schottis« Wunderwelt zu blicken, heißt ein Land, seine Bewohnerinnen und Bewohner verstehen und lieben zu lernen. Mit zahlreichen Extra-Tipps und Reisefotos in Farbe

Michael Schottenberg, geboren in Wien, prägte als Schauspieler, Regisseur, Drehbuch- und Bühnenautor das österreichische und internationale Kulturleben. Zehn Jahre Direktor des Volkstheater Wien, zahlreiche Preise. Seit 2015 als Reisender und Autor unterwegs, 2019 Publikumsliebling bei »Dancing Stars«. Seit 2020 ist er wöchentlich als Reise-Experte im »Studio 2« (ORF 2) zu sehen.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Eine kleine Geschichte über die Freiheit

Mariendom Linz, Domplatz 1, 4020 Linz

Der Weg beginnt hinter einer schmalen, unauffälligen Holztür am Beginn des Kirchenschiffes. Stufe um Stufe arbeite ich mich hoch, den Windungen der Treppe folgend, die kein Ende nehmen will. Als ob sich hier alles um sich selbst dreht. Es ist beschwerlich, in den Himmel hinaufzusteigen. Ich klettere durch eine senkrechte Röhre, von deren Ende schwacher Lichtschein zu mir dringt. Die Wahrheit ist, ich sehe gar kein Licht. Um mich abzulenken, denke ich mir das einfach so. Höhenangst und Klaustrophobie sind lange schon mein Thema. Der Turm des Linzer Mariendoms ist hoch, vor allem aber eng. Zumindest das Stiegenhaus. Es ist nicht die Anstrengung, die mir den Atem raubt, es ist meine innere Unruhe. Das Gefühl, festzustecken, macht mir Angst. Mein Rucksack füllt die komplette Breite der Steigleiter aus, sodass es schon rein physikalisch kein Zurück mehr gibt. Ich schließe die Augen. Wie oft habe ich diesen Traum schon geträumt. Düstere Geister, Schwarzalben, umgeben mich, eklige, kleine Biester, die den Menschen nichts Gutes wollen.

"Kommen Sie!", sagt eine Stimme.

"Ich komme." Ich öffne die Augen und steige weiter. Stufe um Stufe.

"Ich möchte eine Geschichte über Eremiten schreiben", sagte ich einer freundlichen Dame am Telefon.

"Wie schön!"

"Haben Sie einen Platz frei?"

"Sie wollen tatsächlich zu uns kommen?"

"Ja", sagte ich, "tatsächlich."

Ein paar Tage später bin ich da. Die Turmwächterin stapft unmittelbar vor mir. Auch sie kämpft mit ihrer Kondition, kein Wunder, sie trägt einen unförmigen Rucksack, in dem sich die Mahlzeiten befinden, die mich in den nächsten vierundzwanzig Stunden versorgen werden. Ich schleppe Leichteres: Bettzeug, Handtuch und ein paar persönliche Dinge, die mir das Überleben in achtundsechzig Metern Höhe erträglich machen. Für die nächsten Tage bin ich als Turmeremit in der Himmelsklause des zehnthöchsten Sakralbauwerkes der Welt engagiert. Die Rolle habe ich mir selbst ausgesucht, also kann ich sie auch nicht zurücklegen - obwohl ich kurz davor bin.

Die Idee des Turmeremiten, an der der Kunstkurator Hubert Nitsch federführend beteiligt war, wurde im Rahmen der Kulturhauptstadt Linz09 geboren - und sie war in jeder Beziehung atemberaubend. Nirgendwo gab es Vergleichbares. In der Türmerstube des Mariendomes wurde eine Eremitage eingerichtet, um sie Menschen zur Verfügung zu stellen, die die Einsamkeit suchen. Der "Raum der Stille" liegt weit oberhalb der quirligen Altstadt und versteht sich als ein Ort, der unserer Beschleunigungsgesellschaft einen notwendigen Gegenentwurf anbietet. Mit dem Kopf oberhalb der Wolken hat man die Möglichkeit, in größtmöglicher Abgeschiedenheit über sich und sein Leben nachzudenken, über Sinn und Unsinn, Rückzug und Achtsamkeit, Bedürfnis und Orientierung. Jeder, der den Fluchtweg aus dem Schwungrad seiner Karriere sucht, findet hier das vielleicht Wichtigste vor - sich selbst. Das Bestechende an dem Gedanken ist: Man verbleibt inmitten des Alltags und könnte ihm doch ferner nicht sein. Die Oase der Ruhe liegt erhaben über allen Dächern, weit oberhalb des Kirchenschiffes, fern der Erde, nahe der Unendlichkeit. Die Idee sprach sich wie ein Lauffeuer herum. Entsprechend begehrt sind die Zeitfenster, die den Ruhesuchenden übers Jahr zur Verfügung stehen.

Die Schönheit des Himmels

Seit ich davon hörte, ließ mich die Idee dieses spirituellen Ortes nicht los. "Du bist verrückt", sagten meine Freunde. "Bin ich nicht", antwortete ich, wusste aber, dass sie recht hatten. Natürlich führte mich das Leben als Reiseautor oft schon an die Grenzen meiner Belastbarkeit. Vieles musste