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Über Frauen

Susan Sontag

E-Book (EPUB)
2024 Carl Hanser Verlag München
Auflage: 1. Auflage
208 Seiten
ISBN: 978-3-446-28035-9

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Kurztext / Annotation
Die intellektuelle Ikone Susan Sontag über Gleichheit, weibliches Altern, Schönheit und Sexualität - 'Eine brillante, schillernde Intelligenz' (The Times)
Was bedeutet es, eine Frau zu sein? Der neue Essayband von Susan Sontag stellt genau diese Frage. Erstmals versammelt ein Buch ihre wichtigsten Texte zu ästhetischen, politischen und ökonomischen Aspekten des Frauseins. Und 'beim heutigen Lesen kann man nur staunen über deren ihrer Zeit vorauseilendes Genie' (The New Yorker). Sontag schreibt über Gleichheit, weibliches Altern, Schönheit, Sexualität und Macht und zeigt sich als Vordenkerin und Visionärin im Kampf um echte Gleichberechtigung. 'Solange sich nicht ändert, wer Macht hat und was Macht ist, gibt es keine Befreiung, sondern nur Beschwichtigung', konstatiert sie. 'Über Frauen' wehrt sich gegen jede Form von Beschwichtigung und ist in seinen Beobachtungen und Forderungen aktueller denn je für jeden feministischen Diskurs.

Susan Sontag, 1933 in New York geboren und 2004 dort gestorben, war Schriftstellerin, Kritikerin und Regisseurin und eine der wichtigsten Denkerinnen des letzten Jahrhunderts. Sie erhielt u.a. den National Book Award und den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Bei Hanser erschienen u. a. Krankheit als Metapher (1978), Über Photographie (1978), Kunst und Antikunst (1980) sowie zuletzt Wiedergeboren. Tagebücher 1947-1963 (2010), Ich schreibe, um herauszufinden, was ich denke. Tagebücher 1964-1980 (2013) und die Erzählungen Wie wir jetzt leben (2020).

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Die Dritte Welt der Frauen

Anmerkung der Autorin: Der folgende Text entstand im Juli 1972 als Antwort auf einen Fragebogen, der mir und fünf anderen Frauen (darunter Simone de Beauvoir sowie Rossana Rossanda, ehemalige Abgeordnete der Kommunistischen Partei Italiens) von der Redaktion der spanischsprachigen Zeitschrift Libre zugesandt wurde, einer neuen literarischen und politischen Vierteljahresschrift mit im weitesten Sinne marxistischer Ausrichtung, die in Paris herausgegeben wird. Der Text erschien in Libre no. 3, dem Oktoberheft, in einer Übersetzung des spanischen Romanautors Juan Goytisolo. Der größte Teil der Leserschaft von Libre lebt in Lateinamerika, was die Prononciertheit meiner Ausführungen erklärt. Die Zusammensetzung der Leserschaft von Libre erklärt auch, warum ich beim Verfassen meiner Antwort von der Annahme ausgegangen bin, dass eine Auseinandersetzung mit einer revolutionär-sozialistischen Sicht auf das Thema mehr als angebracht ist. In den Vereinigten Staaten, wo militanter Feminismus gegenwärtig weiter verbreitet und lebendiger ist als sonst irgendwo, werden die Grundfragen in der Debatte zunehmend beiseitegelassen, und auf die marxistische Analyse wird kaum je Bezug genommen. Da sich die Formulierung einer politischen Perspektive jedoch überall noch in der Anfangsphase befindet, scheint es mir gerechtfertigt, diesen Text, den ich eigentlich für ein anders geartetes Publikum geschrieben habe, auch hier zu veröffentlichen.

Zunächst ein paar Absätze, eine Art Prolog, als Antwort auf eine allgemeinere Frage, die Sie mir gar nicht gestellt haben: Was ist der gegenwärtige Stand im Kampf für die Frauenbefreiung?

Jahrtausendelang ging man praktisch auf der ganzen Welt von der Annahme aus, es liege in der »Natur« unserer Spezies, dass manche Menschen überlegen seien (und deshalb die Herren sein sollten) und andere minderwertig seien (weshalb sie Sklaven sein sollten). Erst vor rund hundertfünfzig Jahren begannen Teile der herrschenden Klasse zu ahnen, dass die Sklaverei vielleicht doch nichts »Natürliches« war und dass die unbestreitbar servile und kulturell unterentwickelte Wesensart jener Menschen, die Sklaven waren, sich genau dadurch erklären ließ, dass sie Sklaven waren, weil man sie nämlich zu solchen erzogen hatte - und nicht etwa bewies, dass sie es verdienten, Sklaven zu sein.

Der gesellschaftliche Rückhalt für die Frauenbefreiung ist heute ungefähr so ausgeprägt wie vor zweihundert Jahren der Rückhalt für die Sklavenbefreiung. Wie die jahrtausendelang kritiklos bejahte Sklaverei wird auch die seit jeher bestehende Unterdrückung der Frauen mit dem Hinweis auf angeblich in der »Natur« des Menschen liegende Ungleichheiten gerechtfertigt: Der überwiegende Teil der Menschheit - beiderlei Geschlechts - ist davon überzeugt, dass Frauen ein anderes Naturell haben als Männer und aufgrund dieser »natürlichen« Unterschiede minderwertig sind.

Gebildete Menschen in urbanisierten Ländern - besonders jene, die sich als Liberale oder Sozialisten verstehen - bestreiten oft, dass sie Frauen aufgrund dieser Unterschiede für minderwertig halten. Frauen, so argumentieren sie, könnten den Männern durchaus ebenbürtig sein, auch wenn sie anders seien als die Männer. Diese Argumentation ist ebenso unehrlich, wie es der Grundsatz »separate but equal« war, mit dem einst die Rassentrennung an den Schulen juristisch untermauert wurde. Denn betrachtet man die angeblich angeborenen Unterschiede zwischen Männern und Frauen genauer, tritt eine Werteskala zutage, auf der die Eigenschaften, die Frauen zugeordnet werden, eindeutig niedriger angesiedelt sind als jene, die man Männern zuordnet. »Männlichkeit« wird mit Kompetenz, Autonomie, Selbstbeherrschung, Ehrgeiz, Risikofreude, Unabhängigkeit, Rationalität gleichgesetzt - Weiblichkeit hingegen mit Ink