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Ich oben alleinOverlay E-Book Reader

Ich oben allein

Vom Überleben eines jungen Solo-Bergsteigers | Jost Kobusch

E-Book (EPUB)
2017 Riva Verlag
224 Seiten
ISBN: 978-3-95971-674-1

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Kurztext / Annotation
Auf 8000 Metern. Ohne Sauerstoff. Ohne fremde Hilfe. Und jeder Fehler kann dich das Leben kosten. Der Boden bebt. Menschen rennen. Eine gewaltige weiße Wolke geht auf sie nieder. Es ist der 25. April 2015, als das Everest Base Camp von einer Lawine getroffen wird und von einem Augenblick auf den anderen 18 Leben auslöscht. Der damals 22-jährige Solo-Bergsteiger Jost Kobusch hat diese dramatische Szene wagemutig mit seiner Handykamera festgehalten. Sein Video wurde auf YouTube über 23 Millionen Mal angeklickt und sogar in der »Tagesschau« gezeigt. Aufgewachsen im Norden Deutschlands, weit entfernt von irgendwelchen Bergen, begeistert sich Jost schon von Kindheit an für das Klettern. Mit seiner Free-Solo-Besteigung der 6812 Meter hohen Ama Dablam in Nepal knackte er mit nur 21 Jahren einen Weltrekord. Im Frühjahr 2016 bezwang er schließlich den 8091 Meter hohen Annapurna-Gipfel im Himalaya. In seinem Buch erzählt der Star der jungen Solo-Bergsteiger-Szene unterhaltsam und pointiert, warum es ihn immer wieder nach oben zieht, er auf Sauerstoff und fremde Hilfe verzichtet und ihn Angst zu immer neuen Spitzenleistungen antreibt. Außerdem verrät er, warum er immer eine Cola mit im Gepäck hat und es nichts Schöneres gibt, als auf einem Achttausender Schach zu spielen.

Jost Kobusch wurde 1992 in Borgholzhausen, einer kleinen Stadt in der Nähe von Bielefeld, geboren. Seit seinem zwölften Lebensjahr ist er aktiver Kletterer. Kobusch unternahm bereits einige Solo-Expeditionen, unter anderem zum Mount Kenia, dem zweithöchsten Berg Afrikas, zum Pik Lenin in Kirgistan und zur Ama Dablam in Nepal. Im Mai 2016 gelang es ihm als jüngstem Deutschen, die 8091 Meter hohe Annapurna im Himalaya ohne Unterstützung von Sherpas und Sauerstoff zu bezwingen.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

2. Zukunft braucht Herkunft

Eine meiner jüngsten Kindheitserinnerungen ist, dass ich mit etwa vier Jahren auf der Arbeitsplatte unserer Küche sitze. Während mein Vater Falk mich mit guter Absicht dort hingesetzt hat, kommt meine Mutter Iris herein. Es entsteht ein Streit darüber, ob man mich dorthin setzen dürfe oder nicht. Meine Mutter reißt mich in der Hitze des Gefechts von der Arbeitsplatte, was den Streit noch weiter anfeuert. Ich habe keinerlei Erinnerung an Momente, in denen meine Eltern ein glückliches Paar waren, denn sie haben sich früh scheiden lassen. Die Hälfte meiner Zeit verbringe ich bei Iris, die andere bei Falk. Doch als sich die Essstörungen meiner Mutter immer weiter zuspitzen und einen Punkt erreichen, an dem sie fast an ihnen stirbt, bleiben meine Drillingsschwester und ich bei unserem Vater. Er muss viel arbeiten, um für uns vier zu sorgen, und kommt erst am späten Nachmittag nach Hause, wo er dann meistens weiterarbeitet. Ich wachse mit Au-pair-Mädchen aus Lettland auf. Meine richtige Mutter sehe ich nur noch einmal die Woche. Mein Mutterersatz bleibt jeweils für ein Jahr, danach kommt jemand Neues. Es gibt keine Bezugsperson, auf die ich mich einstellen kann. Die Mutterliebe, die ich als Kind gebraucht hätte, kann ich von den jungen Frauen nicht bekommen. Insgesamt habe ich fünf solcher Au-pairs, bis mein Vater beschließt, das letzte Au-pair-Mädchen zu heiraten. Meine Schwestern freuen sich darüber. Aber das Einzige, was ich herausbringe, ist ein »Ach nö, nee«. Sandra ist 24 Jahre alt, als sie meinem Vater das Jawort gibt. Ich bin eifersüchtig. Zu ihrer Hochzeit frage ich sie, ob sie die Cola-Flasche für mich öffnen kann, die ich vorher kräftig durchgeschüttelt habe. Im nächsten Moment spritzt der ganze klebrige Inhalt auf das geliebte Hochzeitskleid. Heute weiß ich, dass das sehr unreif von mir gewesen ist. Ich rechne Sandra hoch an, dass sie mir diese Aktion nie nachgetragen hat. Mit der Hochzeit geht die junge Lettin eine große Verantwortung uns Kindern gegenüber ein. Ich bin bereits neun Jahre alt. Also schon etwas zu alt, um mich sofort an die Situation und die neue Stiefmutter gewöhnen zu können. Sie meint es in vielen Dingen gut, aber ich will ihre Hilfe nicht. Ich kann mit ihrer Autorität nicht umgehen und die Werte und Regeln, die sie aus ihrem Heimatland mitbringt, ergeben für mich keinen Sinn. Wir kämpfen beide um die Aufmerksamkeit und Liebe von Falk - leider ziehe ich dabei häufig den Kürzeren. Ich glaube, ich hätte damals einfach eine liebende Mutter gebraucht, die mich versteht. Iris sehe ich weiterhin einmal die Woche, doch die geringe Zeit, die wir Kinder mit ihr verbringen, verändert unser Verhältnis zueinander. Es fällt mir schwer, mich zu öffnen und jemand Neues in mein Leben zu lassen. Als Sandra mit Zwillingen schwanger wird, realisiere ich zum ersten Mal, wie weitreichend die Veränderungen sind, die die zweite Ehe meines Vaters mit sich bringt. Bereits mit zehn Jahren beginne ich, meine Wäsche selbst zu waschen. Ich kümmere mich darum, dass die Zufahrt sauber bleibt. Später gehört auch das Rasenmähen des großen Gartens zu meinen Aufgaben. Nach und nach übernehme ich weitere Aufgaben im Haus und helfe in der Werkstatt aus. Auf diese Weise verdiene ich mein Taschengeld, das alles in allem aber immer weit unter dem Durchschnitt meiner Freunde liegt. Mein Vater will damit meine Eigenständigkeit fördern, die für ihn die Voraussetzung für ein gutes Leben darstellt. Sein Motto lautet: Gib einem Armen zwei Fische und er ist für zwei Tage satt. Lehre ihn fischen und er ist es sein ganzes Leben. Viel Geld haben wir tatsächlich nicht zur Verfügung und ich leide unter der Tatsache, dass ich nicht wie die anderen Kinder in der Schule Markenklamotten tragen kann. Ich fühle mich ausgegrenzt und mein Selbstbewusstsein leidet darunter.

Zu meinem sechsten Geburtstag schenkt mir mein Vater ein Fahrrad. So wie ihm damals soll es mir ein großes Stück Freiheit eröffnen. Un