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Der OnkelOverlay E-Book Reader

Der Onkel

Michael Ostrowski

E-Book (EPUB)
2022 Rowohlt Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
320 Seiten
ISBN: 978-3-644-01530-2

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€ 9,99

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Kurztext / Annotation
Mike Bittini ist ein Spieler und Streuner, er war es schon immer. Nach siebzehn Jahren on the road kehrt er in seinem alten Ford Escort und den weißen Lederboots zurück nach Wien. Sein Bruder, der erfolgreiche Immobilienanwalt, ist ins Koma gefallen. Nun schleicht sich Mike in Sandros Villa wie der Habicht in den Hühnerstall. Sandros Frau Gloria ist alles andere als erfreut, Mike wiederzusehen. Sie kennt ihn nur zu gut. Und tatsächlich bringt der unberechenbare Onkel in kürzester Zeit die beiden pubertierenden Kinder des Bruders auf seine Seite, führt sich auf wie der Hausherr, legt sich mit den Nachbarn an und erklärt Glorias Mutter den Krieg. Mike ist ein Katalysator verdrängter Leidenschaften, er sprengt alles in die Luft, was er berührt. Doch Chaos heißt manchmal Befreiung. Vor allem, wenn die Verhältnisse gar nicht so wohlgeordnet sind, wie sie scheinen. Und Gloria wird in die Zeit zurückgeworfen, als sie sich für Sandro entschied, gegen Mike. War das damals der größte Fehler ihres Lebens? Oder steht ihr der gerade erst bevor?

Michael Ostrowski studierte Englisch und Französisch in Graz, Oxford und New York. Er ist bekannt als Schauspieler, daneben arbeitet er als Regisseur, Drehbuchautor und Moderator. Er hat keine Zeit für Hobbys. Er lebt in Graz und Wien und ist in der Welt zu Hause. «Der Onkel» ist sein erster Roman.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

REVANCHE

- Du Drecksau, elendige Betrüger! Picka!

Ungläubig starrten sie auf die Würfel, beim ersten Wurf zwei Sechser, niemals, unmöglich, die höchste Zahl beim ersten Mal, DOPPEL SECHS!

- Der will uns verarschen oder was?! Hurenbeitl!

Der dicke Serbe hatte Pranken wie ein Tiger und wedelte damit herum vor dem Kopf, als hätte er einen epileptischen Anfall, sein Compañero hielt ihn am Arm fest, der Ägypter lehnte am Auto und starrte auf den grünen Filz, der jetzt leer war, alles weggeputzt! Der Langhaarige untersuchte die Würfel, der Glatzkopf rieb sich die Zähne mit der Innenfläche der Hand, als wäre sie seine Zahnbürste,

- Lass liegen, Schwabo!

Aber er raffte die letzten Scheine zusammen, einer der Taxifahrer rempelte ihn an, die Luft flirrte, es war die Zeit kurz vorm Fäuste fliegen,

- Schau dir den an! Was is mit dir, Burschi?!

Er riss sich los, schlug dem einen, der seine Jacke festhielt, die Hand weg, stieß den Fetten mit der anderen weg, behielt trotz der Vehemenz alle Eleganz, die er in diesem entscheidenden Moment aufbringen konnte,

- Meine Herren, was soll der Stress? Ich komme wieder!

Er deutete großmännisch hinüber zum Tankstellenbeisl,

- A Seidl, ein kleiner Besuch der Toilette...

Er nahm seinen Lederkoffer hoch, eine kleine Drehung am Stand, eine Geste der beiläufigen Großzügigkeit,

--... dann spielma Revanche!

Er ließ sie stehen, lässig schwang sein Köfferchen. Sie wollten ihn in der Luft zerfetzen, in seinem Rücken hörte er sie noch immer fluchen und toben - so long, Fuckers! Er marschierte über den Parkplatz, raus aus der Gefahrenzone, raus aus ihrem Blickfeld, steckte die Handvoll Scheine in die Innentasche der Lederjacke links, an die acht-, neunhundert, das war mehr als erwartet, die dicke goldene Uhr in die Tasche rechts, die war sicher nichts wert, eine Fake Rolex, mit der sie ihn hatten ködern wollen, aber leider war dieser Schuss nach hinten losgegangen,

- Picka ti materina ...!

Der Langhaarige schrie ihm noch immer nach, er war der Aggressivste der Runde, er wollte ihm nachrennen und an die Gurgel, der Glatzerte mit dem kürzeren Fuß hielt ihn zurück, sein Pech, aus den Augenwinkeln sah er sie, die Gruppe Erniedrigter, da standen sie rund um ihre Taxis und bellten wie die Hunde.

 

Er sprang die Stiegen hinunter zur Toilette, das Gesicht kurz unters Wasser, raues Papier zum Abtrocknen, die Haare richten, dann wieder hinauf und hinein ins kleine Restaurant.

Lauter ermordete Tiere an der Wand, Fische, Wiesel, Auerhähne, Wildschweine, aber vor allem Fische mit großen toten Glupschaugen über der blau blinkenden Vertäfelung, ein lächerliches Sammelsurium der Jägerlust, der Wirt war sicher ein großer Wilderer vor dem Herrn, was für eine armselige Schau, er winkte der Kellnerin,

- Kleines Bier!

Ein paar Minuten würden ihm bleiben, ein schnelles Seidl, dann über den Hinterausgang raus. Er setzte sich an die Bar, sah sich um. Das Lokal war leer, bis auf eine Schnapsnase am hintersten Tisch, Stammgast, keine Frage. Er atmete durch. Es war die erste kurze Auszeit, die er sich gönnte, gönn dir, nachdem er die Nachricht erhalten hatte. Nachdem er sich ins Auto gesetzt hatte und nonstop acht Stunden gefahren war. Nachdem er es erfahren hatte. Nachdem ihm der Schock die Sprache verschlagen und alles Leben entrissen hatte und er wie nach dem Tauchen zurück an die Luft hochgeschnellt war und es nicht fassen konnte: Er liegt im Koma. Sein Bruder lag im Koma.

 

Er brauchte keine zwei Sekunden, um sich zu entscheiden. Er würde zu ihm fahren... Und- und- was? ... Und sie sehen. Er würde sie wiedersehen... Er würde sie sehen... Der Gedanke fuhr ihm wie ein heißes Messer in den Unterleib, au au und ohh jaaaa ...! Wie nah diese Scheiße imm