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Die Porzellan-Erbin - Gefährliche JahreOverlay E-Book Reader

Die Porzellan-Erbin - Gefährliche Jahre

Roman | Florian Busch

E-Book (EPUB)
2024 Goldmann
512 Seiten
ISBN: 978-3-641-24729-4

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Kurztext / Annotation
Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts: Der kinderlos gebliebene Witwer Graf Ferdinand von Hardenstein sieht dem Untergang seines Adelsgeschlechts entgegen - und damit seines Guts Hohensandau und der dazugehörenden Porzellanmanufaktur. Währenddessen sucht in Berlin die kleinadelige Elisabetha von Flatow nach einer guten Partie und wird schließlich vom Kaiser höchstselbst Graf Hardenstein vorgestellt. Die Ehe mit Elisabetha könnte alle Probleme des Grafen lösen. Zur selben Zeit kommt jedoch ein Pferdeknecht von Gut Hohensandau einem großen Geheimnis auf die Spur: Die auf einer Reise verunglückte Gräfin von Hohensandau hatte vor ihrem Tod eine Tochter geboren. Doch der Graf weiß nichts von seinem Kind, der Porzellan-Erbin ...

Florian Busch ist das Pseudonym des Autors Stephan M. Rother. Er wurde 1968 in Wittingen geboren und studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Philologie in Göttingen. Fünfzehn Jahre war er als »Magister Rother« mit historischen Bühnenprogrammen unterwegs. Unter dem Namen Benjamin Monferat hat er die erfolgreichen Romane »Welt in Flammen« und »Der Turm der Welt« veröffentlicht. Seit dem frühen Tod seiner Frau lebt er zurückgezogen in Bad Bodenteich.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Altwasser

Frühjahr 1883
W

»Die Alte Straße?«

Die Stimme war ein raues Raspeln, dem Knacken der Zweige nicht unähnlich in der Glut der Feuerstelle.

Der Abend hatte sich über Altwasser gesenkt, die Stadt zu Füßen der Berge. Die Stunde, zu der man in den mächtigen Erzhütten die Werkzeuge niederlegte, die Männer der Tagesschicht die müden Schritte ihren Verschlägen und Baracken entgegenlenkten für eine Nacht des traumlosen Schlafs, bevor das schweißtreibende Werk mit dem Morgen von Neuem begann.

Nicht so im Goldenen Hirschen, dem ältesten und besten Haus am Platze, bekannt für seinen Streuselkuchen und für den schäumenden Kaffee am Nachmittag, für seine edlen Tropfen am Abend. Die Wirtsstube war zum Bersten gefüllt zu dieser Stunde, wenn der Becher kreiste und laute Stimmen sich erhoben im lebhaften Geplauder der Reisenden aus sämtlichen Provinzen des Königreichs und über dessen Grenzen hinaus. Im hellen Licht der Öllampen. Mit großem Hallo, wenn eines der Schankmädchen das Bier, den Wein und den sauren Braten auftrug.

Der Alten am Feuer dagegen schenkten die wenigsten Besucher einen zweiten Blick. Wenn sie die Frau denn überhaupt zur Kenntnis nahmen, eine Küchenmagd des Hauses, die heute ihren freien Abend hatte. Fast reglos saß sie auf einem hochlehnigen Stuhl vor dem Kamin in einem Winkel der Wirtsstube. Ein Becher mit gewärmtem Apfelpunsch stand vor ihr auf dem niedrigen Tisch, ein fein gestaltetes Gefäß mit einem Dekor verschlungener Formen, denen die faltigen Finger jetzt für einen Atemzug in nachdenklichem Sinnen folgten.

Ein einziger Gast, noch tiefer in den Schatten und der Alten gegenüber, schien wie im Bann an ihren Lippen zu hängen. Schweigend.

»Die Alte Straße«, murmelte die alte Magd. »Es muss ein halbes Leben zurückliegen, dass sich das letzte Mal ein Mensch nach ihr erkundigt hat. Doch heute nun, wer weiß ...«

Ein Moment, in dem sie ihren Zuhörer genauer in den Blick nahm. Und einem zufälligen Beobachter hätte es erscheinen mögen, als ob er unter dieser Musterung noch etwas weiter zurückwich in die Schatten, ja, sich bemühte, mit diesen Schatten zu verschmelzen, die das blakende Feuer in den Winkel der Wirtsstube warf. Einer abscheulichen Bestie gleich, einem grausam Versehrten, der sich bemüht, seine entstellte Erscheinung an lichtlosen Orten vor allen Blicken zu verbergen. Wobei ein bloßes Spiel der Funken am Ende doch naheliegender schien, die nach den dürren Zweigen haschten in der Feuerstelle.

»Wer weiß ...« Als ob die Alte nunmehr zu sich selbst sprach. »Wer will schon sagen, ob es sich nicht um einen Wink des Schicksals handelt, dass Ihr Euch unter all den Menschen, an die Ihr heute Abend Eure Frage hättet richten können, ausgerechnet an mich gewandt habt? Die Frage nach der Alten Straße. Denn wo sie abzweigt von der königlichen Chaussee, das hätten Euch vermutlich viele Leute sagen können. Doch ob sie Euch die ganze Wahrheit nicht verschwiegen hätten? So wie die Leute eben sind. An jedem Ort der Welt vermutlich, nicht nur hier in Altwasser. Wenn sie doch nichts als ihren eigenen Vorteil im Blick haben.«

Mit einem Neigen des Hauptes. Einen Ausdruck der Trauer auf dem Gesicht über den Eigennutz einer so großen Zahl von Menschen. Während sie einen tiefen Schluck aus dem Becher nahm, den der Zuhörer ihr hatte kredenzen lassen zum Dank für ihre Bereitschaft, ihm Auskunft zu geben.

Sorgfältig setzte sie das Trinkgefäß ab, in dem ein bloßer Rest der dampfenden Flüssigkeit zurückgeblieben war. Dann hielt sie inne, bevor sie sich misstrauisch in sämtliche Richtungen umblickte. Als wollte sie sichergehen, dass wirklich niemand sonst die folgenden Worte mitbekam.

»Die Stelle selbst ...« Ein Kopfschütteln. »Sie ist nicht schwer zu finden. Es gibt dort eine Schnitzerei. Ein Abbild des Heiligen Christophorus nicht weit von jenem Punkt, an dem die Chaussee